In 30, 50 oder 100 Jahren, wenn die menschliche Spezies noch da ist, wird sich wohl herausstellen, ob der Autor Recht hatte, als er behauptete, dass die 2020er Jahre die Geburt des Biofaschismus erlebten. In der Zwischenzeit ist dies eine Brandschrift, die den Handpuppen des Kapitals die Maske vom Gesicht reißt. Dringend lesenswert!
In 30, 50 or 100 years' time, if the human species still exists, history will tell whether the author was right in asserting that the 2020s saw the birth of biofascism. In the meantime, here's a scathing pamphlet that rips the masks off capital's puppets. A must-read!
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18/02/2024
CHRISTOF WACKERNAGEL
Metamorphose/Metamorphosis
27/02/2023
CARSTEN HANKE
Aufstand für den Frieden
Carsten Hanke, 26.2.2023
Rostock-Berlin - In zunehmendem Maße spiegelt sich die ablehnende Meinung der Bevölkerung der BRD in Bezug auf den Kriegskurs der Bundesregierung und der medialen Berichterstattung der bürgerlichen Medien, in Aktionen auf der Straße in vielen Städten, wieder. Besonders deutlich wurde es am 1. Jahrestag des militärischen Eingreifens Russlands in das seit 2014 von der Kiewer Regierung praktizierte Morden an der eigenen Bevölkerung in den Gebieten Donezk und Lugansk. Nach Aussagen von UN-Beobachtern sind dort seitdem mindestens 14.000 Menschen bei den Angriffen getötet und soziale Einrichtungen wie Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser und weitere wichtige Einrichtungen für die Aufrechterhaltung der Versorgung der Bevölkerung zerstört worden.
Ich möchte nur an Hand von zwei Beispielen deutlich machen, dass immer mehr Bürger der Bundesrepublik ihre ablehnende Haltung zum Kriegskurs der Bundesregierung auch öffentlich mit verschiedenen Friedensaktionen zum Ausdruck bringen. Dabei lassen sich diese friedensliebenden Menschen auch nicht von medialen Diffamierungen mehr abhalten, wie es im Vorfeld des Manifestes für den Frieden von Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht wiederholt geschehen ist. Dieses Manifest für den Frieden wurde nicht nur von namhaften Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens als Erstunterzeichner unterstützt, sondern auch in kürzester Zeit von über 600.000 Menschen.
Am 24.02.2023 waren ca. 1.000 Demonstranten dem Aufruf der Berliner Friedenskoordination (FRIKO) unter dem Motto „Stoppt das Töten in der Ukraine – für Waffenstillstand und Verhandlungen!“ gefolgt, den 18 Friedensgruppen gemeinsam verfasst hatten. Neben namhaften Rednern, z.B. der Initiatoren des „Darmstädter Signal“, wo aktive und ehemalige Bundeswehroffiziere und Soldaten sich stets für die friedliche Konfliktlösung einsetzen, wurde u.a. auch mit kulturellen Gesangseinlagen von Diether Dehm zu Protesten gegen den Krieg und für den Frieden aufgerufen, um aktiv zu werden.
Am 25.02.2023 um 14 Uhr fand die angekündigte Großveranstaltung der Initiatoren Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht sowie Brigadegeneral a.D. Erich Vad auf der Westseite des Brandenburger Tors in Berlin statt.
Bei der Ankündigung der Demonstration wurde ausdrücklich auf den Verzicht des Zeigens von Symbolen wie Fahnen etc. von Parteien hingewiesen und dass Parteimitglieder der rechten AfD und weiterer rechtsextremer Gruppierungen nicht erwünscht sind. Die Veranstalter selbst hatten nach eigenen Aussagen mit einer Teilnehmerzahl von ca. 10.000 Menschen gerechnet. Aufgrund der Tatsache, dass bundesweit die Teilnehmer extra angereist waren (weitere Mitglieder des GeFiS sind organisiert mit Bussen aus Rostock und Umgebung angereist), musste der Beginn der Manifestation um ca. 10 - 15 Minuten verschoben werden.
Selbst hatte ich versucht den gesamten Demonstrationsplatz zu begehen, um Fotos zu erstellen und musste mein Vorhaben abbrechen, weil die Teilnehmer so eng standen, dass ein Durchkommen nicht möglich war. Nach Aussagen von weiteren Teilnehmern kamen auch mit 40 Minuten Verspätung noch Teilnehmer zu Kundgebung. Die von der Polizei und den Medien mehrfach wiederholt gemeldete Teilnehmerzahl von 13.000 entsprach bei Weitem nicht den Tatsachen und gibt einen weiteren Beleg dafür, dass nicht wahrheitsgemäß berichtet wird, wenn es nicht in ihrem Interesse liegt.
Die zahlreich geführten spontanen Gespräche mit den Besuchern der Demonstration waren geprägt von der großen Sorge, dass immer weitere Waffenlieferungen nur Rüstungsprofite, aber keinen Frieden bringen. Verhandlungen auszuschlagen zeugt nicht von Friedenswillen, sondern gefährdet das Leben. Den Teilnehmern ist bewusst, dass die Sanktionen und der Wirtschaftskrieg Deutschland schaden und jeder Bürger dieses bereits jetzt schon zu spüren bekommt. Sie prangern die Bundesregierung an, dass sie mit ihrer Kriegsrhetorik verantwortlich für Inflation und wirtschaftlichen Niedergang sind.
Vielen Besuchern der Demo sind Nato-Befehlshaber Stoltenbergs Worte „lieber einen Atomkrieg als einen Sieg Russlands in der Ukraine“ im Bewusstsein. Um deutlich zu machen, dass sie gegen den atomaren Wahnsinn, gegen Dark Eagle, gegen die deutlich umfangreichere atomare Ausstattung mit US-Atomwaffen in Europa und besonders in Deutschland sind, sind sie aktiv geworden. Sie wollen gegen diesen Wahnsinn öffentlich ein Zeichen setzen, um auch gleichzeitig jene Bürger aufzurufen, die noch passiv sind, endlich auch aktiv zu werden.
Die von der Politik im Gleichklang mit den bürgerlichen Medien betriebene spalterische Hetze, die Veranstaltung sei „rechtsoffen“, wurde nicht nur im Vorfeld der Manifestation sondern auch während der gesamten Veranstaltung ad absurdum gestellt.
Es war eine machtvolle Demonstration für den Frieden und gegen die Bundesregierung und ihren praktizierten Kriegskurs mit der ständigen Waffenlieferung an die Ukraine. Das wurde u.a. auch durch die mehrfach lautstarke Forderung der Demonstrationsteilnehmer deutlich, die „Baerbock muss weg!“skandierten.
Carsten Hanke: Selbstdarstellung
24/08/2022
Stoppt die Massaker am palästinensischen Volk!
Wir verurteilen aufs Schärfste die unverhältnismäßige Kampagne gegen den palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas (Abu Mazen)!
Die palästinensische Gemeinde Deutschland e. V beobachtet mit Sorge die Reaktionen der deutschen Medien und der deutschen Regierung, die die Aussage von Präsident Abbas was Holocaust betrifft als Vorwand genommen haben.
Wir in der palästinensischen Gemeinde Deutschland wissen natürlich, dass der Holocaust ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit war, insbesondere gegen Juden, Kommunisten, Sinti und Roma und alle gegen die Nationalsozialisten kämpfenden Menschen, das Millionen das Leben gekostet hat.
Die palästinensische Gemeinde versteht die Sensibilität des Themas Holocaust. Aber was uns als palästinensischen Gemeinde und allen Unterstützern des palästinensischen Volkes erstaunt, ist, dass Israel behauptet, die Juden in Deutschland, Europa sowie weltweit und die jüdischen Opfer zu vertreten, was jedoch zweifelhaft ist.
Es gibt viele jüdische Gruppen in Deutschland, Europa, USA und weltweit, die gegen den Zionismus stehen und sie lehnen diesen Anspruch des israelischen Staates ab. Der zweite Punkt, dem wir nicht zustimmen können, ist, dass das israelische Besatzungsregime den Holocaust als Deckmantel nutzt, um Gewalt und Massaker gegen das palästinensische Volk zu verüben.
17/07/2022
FRANCO „BIFO“ BERARDI
Wer ist Antisemit?
Franco „Bifo“ Berardi,
Effimera, 16/7/2022
Übersetzt von Fausto Giudice, Tlaxcala
Im Jahr 2017 wurde ich eingeladen, an der documenta14 teilzunehmen. Ich schrieb den Text für eine Aufführung, die dem Leiden und dem Tod unzähliger Migranten gewidmet ist, die aus Ländern kommen, in denen Krieg und Hunger das Leben unmöglich machen. Wie wir wissen, werden diese Menschen abgewiesen oder ertrinken im Mittelmeer oder werden in Konzentrationslagern entlang der Küste von der Türkei bis Griechenland, in Süditalien, Ceuta und Calais festgehalten. Der Titel der Performance war also Auschwitz on the beach, und es war in meinen Absichten eine Hommage an die Opfer des Nationalsozialismus im letzten Jahrhundert und an die Opfer des europäischen Rassismus heute.
Rettungswesten am Strand von Lesbos. Foto Socrates Baltagiannis, dpa / picture alliance.
Die Ankündigung der Performance führte zu Protesten in der Presse und eine kleine Gruppe von Personen mit israelischen Flaggen kam, um gegen den Titel meines Werks zu protestieren. Ich sprach nicht einmal mit ihnen, sondern ging zum Sara Nussbaum Zentrum für jüdisches Leben, wo ich mich mit der Leiterin des Zentrums, Eva Schulz-Jander, und anderen Mitarbeitern traf. Nach einem freundlichen Gespräch stimmten Eva und ihr Team mir zu, dass die Ablehnung von Migranten heute an die Ablehnung von 120.000 Juden erinnert, die 1939 versucht hatten, an den Küsten Großbritanniens und der USA an Land zu gehen. Sie sagten mir jedoch, dass der Titel meiner Aufführung eine schmerzhafte Wirkung auf diejenigen habe, die eine direkte Erinnerung an den Holocaust haben. Ich beschloss daher, meine Show durch einen öffentlichen Vortrag zu ersetzen, den ich in der zentralen Halle des Fredericianums hielt. Das Thema lautete „Rassismus gestern und Rassismus heute“. Eva Schulz-Jander begleitete mich zum Fredericianum, wo eine Menge Freunde ihre Solidarität mit mir gegen die Intoleranz dieser kleinen Gruppe von Fanatikern mit israelischen Flaggen zum Ausdruck brachten. Fünf Jahre später ist die Intoleranz immer noch da, gemeiner, arroganter und gewalttätiger.
Jetzt erfahre ich, dass jemand in Kassel eine Veranstaltung im Philipp-Scheidemann-Haus vorbereitet, die den Titel trägt:
Antisemitismus im Nah-Ost-Konflikt und in der Kunst der postbürgerlichen Gesellschaft
Auf der Facebook-Seite lese ich eine öffentliche Anzeige, in der ich als "Antisemit" beschrieben werde.
„Mit der Einladung des Kollektivs „The Question of Funding“ aus Ramallah wurde eine antiisraelische Künstler- und Aktivistengruppe auf die documenta 15 eingeladen. Unsere im Zusammenhang dieser Einladung getätigten Recherchen förderten zu Tage, dass zahlreiche Funktionäre und Macher der Kunstausstellung zur antiisraelischen und bisweilen auch antisemitischen „israelkritischen“ Szene der Kulturschaffenden gehören. Dieses Phänomen ist nicht ganz neu, das Gespräch mit Edward Said auf der documenta 10, die „antizionistische Giraffe“ des Künstlers Peter Friedl auf der documenta 12 und der Auftritt des Antisemiten Franco Berardi auf der documenta 14 verweisen darauf, dass wir es mit einem systematischen Zusammenhang zu tun haben. „
Nachdem ich diese Aussage gelesen hatte, beschloss ich, auf die Beleidigung zu antworten, auch wenn diejenigen, die sie ausgesprochen haben, nicht eine Sekunde meiner Aufmerksamkeit, sondern nur meine Verachtung verdienen.
06/02/2022
MILENA RAMPOLDI
„Das ist bei uns nicht möglich“: ein mehr denn je aktuelles Buch
Rudolph Bauer im Gespräch über den Roman von Sinclair Lewis
Milena Rampoldi, ProMosaik, 6.2.2022
Der US-amerikanische Schriftsteller Sinclair Lewis wurde am 7. Februar 1885 geboren und starb 1951. 1930 wurde ihm als erstem US-Amerikaner der Nobelpreis für Literatur zugesprochen. Lewis wusste vieles über den Aufstieg der Nazis durch seine zweite Frau, Dorothy Thompson. Sie war Auslandskorrespondentin in Berlin und hatte Hitler sogar persönlich interviewt. Sein Roman von 1935 It Can't Happen Here (dt. „Das ist bei uns nicht möglich“) über die Wahl eines autoritären Präsidenten war eine Reaktion auf den Aufstieg Hitlers und zugleich eine Wahlkampfhilfe für Franklin D. Roosevelt in der politischen Auseinandersetzung mit dem Radikalen Huey Long, einem „ungebildete(n) Lügner mit idiotischer Weltanschauung“, der sich aggressiv mit Minderheiten anlegte und im Buch Berzelius „Buzz“ Windrip genannt wird. Der Roman war in den USA sehr erfolgreich und hatte eine starke politische Wirkung. Nach der Amtseinführung Präsident Trumps wurde er 2017 vom Aufbau Verlag in der alten Übersetzung des Kleistpreisträgers Hans Meisel neu herausgegeben. Anlässlich des 137. Geburtstages des Schriftstellers haben wir uns mit dem Künstler, Dichter, Sozialwissenschaftler und Friedensaktivisten Rudolph Bauer über die Aktualität dieses Buches unterhalten.
Warum ist Sinclair Lewis‘ „It can’t happen here“ gerade heute so aktuell?
Die Aktualität des 1935 in den USA veröffentlichten Romans „Das ist bei uns nicht möglich“ von Sinclair Lewis ergibt sich fürs erste bereits aus dem Titel. Die Überzeugung, „it can’t happen here“, entspricht der Überzeugung vieler Menschen, dass sich Geschichte nicht wiederholt, dass Vorkommnisse in einem Land nicht auch in einem anderen sich ereignen werden. Völlig ausgeschlossen und undenkbar sei die Wiederkehr eines totalitären Systems faschistischer Prägung, wie es von 1933 an in Deutschland und ab 1939 in den von Deutschland überfallenen Ländern bis zur Kapitulation bei Kriegsende 1945 herrschte. Ein Großteil der Bevölkerung bezweifelt bislang nicht, dass die wegen des Corona-Virus getroffenen Notstandsmaßnahmen allein dem gesundheitlichen Wohl der Menschen dienen. Ein zweiter Grund für die Aktualität des Romans ist die fiktive Figur des Doremus Jessup, des 60-jährigen Herausgebers der Provinzzeitung „Daily Informer“. Jessup verkörpert jenen Teil des intellektuellen Milieus, das sich für aufgeklärt und politisch unabhängig hält. Bezüglich dieser Haltung ähneln ihm die Journalistinnen und Journalisten, Redakteurinnen und Redakteure, Kommentatorinnen und Kommentatoren unseres heutigen Medienbetriebs. Sie nahmen und nehmen in Sachen Pandemie und staatliche Maßnahmen keine objektive oder kritische Position ein, sondern betätigen sich als Propagandisten der amtlichen Politik. Ihnen gleichen, um einen dritten Gegenwartsbezug zu benennen, auch die meisten der vermeintlich Linken, wie wir sie in Parteien und Organisationen wie Attac oder in den Gewerkschaften vorfinden. Selbst wo diese Pseudo- und Quasi-Linken der Regierungspolitik skeptisch gegenüberstehen, fordern sie nicht die Rückkehr zur Demokratie, sondern schärfere staatliche Maßnahmen, ein brutaleres Vorgehen der Polizei, Berufsverbote, Maskenzwang und eine Impfpflicht, die alle wissenschaftlichen Einwände und Bedenken gegenüber gentherapeutischen Experimenten vom Tisch wischt. Sie wollen nicht wahrhaben, dass es faschistische Vorzeichen und Parallelen gibt.
Was bedeutet für Sie Faschismus? Wie lässt sich das faschistische Paradigma beschreiben? Woran erkennt man den Faschismus?
In seinen Ursprüngen war der Faschismus eine soziale Bewegung. Diese kam zustande als Reaktion der sozialen Klassen, die ihre Zukunft aufgrund der fundamentalen Krisen wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und politischer Art als bedroht erlebten. Die Bedrohung betraf die Arbeiterklasse, die Mittelschicht der Handwerker und Angestellten sowie die Beamten, aber auch die Unternehmer. Die faschistische Bewegung umfasste zunächst ein breites Spektrum ideologischer, vor allem völkisch-nationaler, reaktionär-antidemokratischer Ansätze sowie Zielsetzungen expansiv-machtpolitischer Art. Später wurde der Begriff des Faschismus in einem erweiterten Sinne in der Weise verwendet, dass er die Gesamtheit der aus dieser Bewegung hervorgegangenen politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Teilsysteme und Institutionen umfasste. Vergleicht man die historischen Erscheinungsformen des Faschismus mit seinem Wiederaufleben in der Gegenwart, finden wir neben einer Reihe von Gemeinsamkeiten auch graduelle Unterschiede. Gemeinsam ist der Herrschaftsform des Faschismus damals wie heute außer den krisenhaften Wurzeln: erstens ein totalitäres politisches System, welches demokratische Grundrechte beseitigt und jede Opposition unterdrückt; zweitens eine aggressive Gemeinschaftsideologie, die den Grundstock für den gesellschaftlichen Zusammenhalt bildet und sich sowohl im Inneren wie auch nach außen auf Feindbilder stützt und stürzt; drittens die Wirtschaftsordnung des Korporatismus. Im Korporatismus fördert einerseits der Staatsapparat die Interessen des Kapitals. Andererseits stützt sich der Herrschaftsapparat auf die Förderung, das Wohlwollen und die Gönnerschaft seitens des Großkapitals. Wir können paradigmatisch also drei Elemente des Faschismus unterscheiden und folgende Kriterien benennen, die eine Antwort auf die politischen, gesellschaftlichen und Wirtschaftskrisen darstellen: (a.) das totalitäre politische Regime, (b.) die im eigentlichen Sinn faschistische Gemeinschaftsideologie und (c.) den wirtschaftspolitischen Korporatismus.
Wo lassen sich bei der Aufzählung der Elemente des Faschismus diese im Gesundheitssystem und bei der Medizin verorten? Lässt sich heute eine ähnliche Funktion im Verhältnis von Medizin und Faschismus beobachten wie damals? Ich denke etwa an die besondere Rolle des Virus, der Virologie und der Medizin, aber auch des Gesundheitswesens und der Pharmaindustrie.
Die Parallelen zwischen damals und heute sind frappierend. Das NS-System benutzte biologische und biopolitische Kategorien zur Differenzierung zwischen den „lebenswerten arischen Volksgenossen“ und den „lebensunwerten Volksschädlingen“. Auch heute schwingen diese Unterscheidungen mit, wenn auf der einen Seite von der „Solidarität mit den Schwachen und Kranken“ die Rede ist, auf der anderen aber vom „gemeinschaftsschädlichen“ Verhalten der „Masken-“ und „Impfverweigerer“, die als „verantwortungslos“ und „egoistisch“ beschimpft und ausgegrenzt werden. Im NS-Faschismus dienten Ärzte als Selektionsbeauftragte in bevölkerungspolitischer und eugenischer Hinsicht. Sie teilten die Menschen ein in Kategorien wie „arbeitsfähig“ und „arbeitsunfähig“, „kriegsverwendungsfähig“ und „nicht kriegsverwendungsfähig“, „gebärfähig“ und „nicht gebärfähig“. Sie erforschten in Kooperation mit dem in Deutschland auch heute wieder aktiven Robert-Koch-Institut und mit den Laboren der Pharmaindustrie die Gefährdung durch Viren und Bakterien bzw. die Wirkung von Arzneimitteln und Impfstoffen. Sie führten tödliche Menschenversuche durch. Wie auch heute waren die Ärzte und ihre Standesorganisationen hoch angesehen als Stützen des totalitären politischen Regimes. Wie damals stützen sich die Regierenden auf die Befunde und Berechnungen von Virologen, Epidemiologen und Medizinern, wobei gegenteilige Befunde massiv unterdrückt werden. Vergleichbar mit der faschistischen Volksgemeinschaftsideologie damals, dient das repressive Hygiene-Regime auf der Basis von medial erzeugter Angst und Panik sowie mit Hilfe der Masken- und Abstandssymbolik der Herstellung einer Ideologie des „Wir“. Schließlich wiederholt sich auch heute das Zusammenspiel von Staat und Wirtschaft, wenn Milliardensummen zur Erstattung fehlender Einkünfte – etwa bei der deutschen Lufthansa – und zur öffentlichen Förderung von Forschungs- und Entwicklungsprogrammen ausgegeben, ja verschwendet werden.
01/02/2022
EVA MENASSE
Die Antisemitismus-Debatte in Deutschland ist eine fehlgeleitete, hysterische Pein
Warum endlich Schluss sein muss mit einer Symbolpolitik, die vom Kampf gegen Hass und reale Straftaten ablenkt
Ein Gastbeitrag von Eva Menasse , Die Zeit Nr. 5/2022, 27/1/2022
Die Schriftstellerin Eva Menasse © Andreas Arnold/dpa
Eva Menasse, geboren 1970 in Wien, ist eine der bedeutendsten deutschsprachigen Schriftstellerinnen. Für ihren aktuellen Roman "Dunkelblum" erhielt sie 2021 den Bruno-Kreisky-Preis. Sie lebt in Berlin.
Die deutsche Antisemitismus-Debatte ist voller Aufgeregter, die einander in Symbolpolitik überbieten. Alle anderen – die durchaus dafür sensibilisierte Öffentlichkeit ebenso wie ganz normale Juden, die keine Funktionsträger oder Meinungsführer sind – haben sich längst frustriert abgewandt. Vielleicht hat den einen oder anderen selbst schon die Antisemitismus-Keule getroffen, das kann auch Juden passieren. Die Symbolpolitiker sind, während sie durch die Arena fegen, nicht sehr behutsam.
Gibt es (kruden, brutalen, lebensgefährlichen) Antisemitismus? Ja, und nicht zu knapp. Er ist, wie aller Hass, dank der asozialen Medien exponentiell gewachsen. Wären wir nicht so zugedröhnt von datenklauenden Gratis-Apps, müssten wir uns fragen, warum wir einen Ausbruch von physischer und psychischer Gewalt hinnehmen, wie er seit dem Schwarzpulver nicht von einer Erfindung allein verursacht worden ist. Neben Digitalkartellen profitieren vor allem Personenschützer: Von Lokalpolitikern über Universitätsprofessoren bis zu Kabarettisten und Virologen wächst rasant die Gruppe von Menschen, die sich von Gunmen begleiten lassen und ihre Adressen geheim halten müssen.
Aber nicht nur der vervielfältigte Hass (der direkt zu Verbrechen wie in Kassel, Hanau, Halle führt) explodiert uns unter der Hand, sondern auch ein völlig irregegangener Moralismus aus ähnlich trüb-digitalen Quellen. Kleine Gruppen von rigorosen Einpeitschern haben den Diskurs in weiten Teilen unter ihre Kontrolle gebracht und ihr Publikum infiziert, das nun selbst im Namen von hehren Begriffen wie "Gleichberechtigung", "Diversität" oder eben "Kampf gegen Antisemitismus" ein maßloses, unversöhnliches und bedrohliches Verhalten an den Tag legt. Zu ihnen gehört das "Kasseler Bündnis gegen Antisemitismus", das den angeblichen Documenta-Skandal um vermeintlich antisemitische Haltungen unter zur Documenta eingeladenen Künstlern losgetreten hat. Dessen "Recherchen" wurden von Qualitätsmedien wie der ZEIT übernommen und breit diskutiert (ZEIT Nr. 3/22). Da es gegen Antisemiten geht, wird’s schon ungefähr stimmen, oder?
12/01/2022
KOPI
Stellungnahme zu den Vereinbarungen der Ampelkoalition hinsichtlich Israel/Palästina – für eine andere Nahostpolitik
Deutscher Koordinationskreis Palästina Israel, 11.1.2022
An die Bundesregierung der
Bundesrepublik Deutschland, Herrn Bundeskanzler Olaf Scholz
An die Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses und des Ausschusses für
Menschenrechte und humanitäre Hilfe
An die Fraktionen des Bundestages: Bündnis 90 die Grünen, CDU, FDP, Die
Linke, SPD
Anschreiben an die jeweiligen Adressaten:
Einen Frieden im Nahen Osten kann es ohne einen Frieden in Israel/Palästina nicht geben. Wir, der „Deutsche Koordinationskreis Palästina Israel – für ein Ende der Besatzung und einen gerechten Frieden“ sind ein bundesweites und international vernetztes Bündnis aus 34 bundesweit und regional arbeitenden Friedens-, Menschenrechts- und Solidaritätsgruppen und wenden uns mit der dringenden Aufforderung an die Bundesregierung, die im Koalitionsvertrag vereinbarte Absichtserklärung zu Israel und Palästina sowie die so oft erklärte wertebezogene Außenpolitik, in einen aktiven Friedensprozess umzusetzen. Wir haben daher in unserer Stellungnahme versucht zu erläutern, wie eine menschenrechts- und völkerrechtsbasierte Politik zum Frieden führen kann und entsprechende Empfehlungen für eine andere Nahostpolitik formuliert.
Die neue Bundesregierung hat sich
verpflichtet, die Menschenrechte „als unverzichtbaren Teil einer erfolgreichen
und glaubwürdigen Außenpolitik“ zu schützen. Das findet unsere volle
Unterstützung und wir sind der Auffassung, dass dieser Maßstab auch auf Israel
und Palästina angewandt werden muss. Wir begrüßen ebenso, dass mit dem
Koalitionsvertrag der weiteren Unterstützung der UNRWA zugestimmt wird.
Die so oft beschworene Staatsräson für die Sicherheit Israels darf jedoch
keinen Deckmantel für die israelischen Verletzungen des Völkerrechts und der
Menschenrechte bilden.
Wir Deutschen haben eine besondere Verantwortung für das jüdische Volk – das
steht ganz außer Frage, aber auch für das palästinensische Volk, das infolge
der Staatsgründung Israels vertrieben wurde. Zugleich müssen wir als Freunde an
Israel dieselben Anforderungen stellen wie an alle Staaten dieser Welt.
Während jüdische Israelis weitgehend alle Menschenrechte genießen können,
werden diese den Palästinenser-*innen größtenteils vorenthalten, denn aufgrund
der seit 1967 andauernden israelischen Besatzung der Westbank, Ost-Jerusalems,
des Gazastreifens und des Golan kommt es zu permanenten
Menschenrechtsverletzungen, wie sie von B’tselem, Amnesty International und
Human Rights Watch seit Jahren dokumentiert werden, z.B. im Amnesty
Jahresbericht.
Im Dezember 2021 haben sich 370 europäische Parlamentarier*innen gegen
Zwangsvertreibung, Enteignung und Siedlungsausbau ausgesprochen und von den
Außenminister*innen der EU Staaten konkrete Schritte gefordert. Amnesty sagt:
Wir fordern die neue Bundesregierung dazu auf, Menschenrechtsverletzungen aller
beteiligten Parteien in aller Deutlichkeit zu benennen. Wir fügen hinzu: auch
die Verletzungen des internationalen Völkerrechts.
Aus den gleichen Gründen sollte die neue Bundesregierung den Internationalen
Strafgerichtshof unterstützen, der Menschenrechtsverletzungen in Palästina und
Israel untersucht.
Während jüdische Israelis ihr Selbstbestimmungsrecht 1948 verwirklichen
konnten, wurde es den Palästinenser*innen verwehrt. Trotzdem haben bis heute
140 Staaten Palästina als Staat anerkannt. Leider nicht Deutschland. Sorgen Sie
für eine Anerkennung des Staates Palästina durch die Bundesrepublik
Deutschland, wie bereits 32 ehemalige deutsche Diplomaten 2011 forderten. Das
wäre ein echter und überzeugender Aufbruch in eine neue deutsche Außenpolitik.
02/01/2022
MILENA RAMPOLDI
„Die meisten Linken sind in der Corona-Krise zum Opfer ihrer Staatsgläubigkeit geworden“: Michael Schneider im Gespräch über die laufende „transnationale biopolitische Machtergreifung “
Zum Thema Corona und dem Verhältnis zwischen Medizin und Totalitarismus habe ich mit Prof. Michael Schneider (Jahrg. 1943) gesprochen. Schneider ist Schriftsteller und engagierter Sozialist, u.a. bis heute bekannt aus seiner Zeit in der Studentenbewegung, als Autor von „Neurose und Klassenkampf“ und als Gründer des ersten Sozialistischen Straßentheaters in Webstberlin. Er zeichnet sich durch seine scharfsinnige Kritik am Status quo aus, und so auch an der herrschenden „Corona“-Ausartung, die viele nicht nur politische, sondern auch neurotische Elemente enthält. Aber sie ist anders. Macht ist heute anders. Und der Totalitarismus von heute ist anders.
In dieser Corona-Ära entgeht vielen der Zusammenhang zwischen Medizin, Macht und Totalitarismus, warum ist das so?
Dass in der Corona- Krise so vielen Menschen der Zusammenhang zwischen Medizin, Macht und Totalitarismus entgeht, ist vor allem dem Wesen dieses neuen und in seiner massenpsychologischen Wirkung höchst raffinierten und wirksamen Narrativs geschuldet: Dass Sars-Cov-2 ein die ganze Menschheit bedrohender Killervirus sei, gegen den man „Krieg führen müsse“, wie der französische Präsident im April 2020 verkündete.
In Kriegs- und Krisenzeiten kommt es fast immer zum Schulterschluss zwischen Regierung und Bürgern. Im Dauer- „Krieg gegen Corona“ und seine immer neuen „gefährlichen Mutanten“ geht es inzwischen ähnlich zu wie in Orwells „1984“, wo die Menschen ständig mobilisiert und in fiktive Kriege gegen neue Feinde gehetzt werden, die nie jemand zu Gesicht bekommt. Noch abgefeimter, ja, von einer geradezu sadistischen Genialität (im Sinne psychologischer Kriegsführung) ist das (von US-Geheimdiensten und Denkfabriken ausgeheckte) Narrativ von einem unsichtbaren, zersetzenden Feind, der jederzeit und überall zuschlagen kann und der in jedem von uns, in deinem Nachbarn, deinem Arbeitskollegen, sogar in deinen liebsten Angehörigen und erst recht in dir selbst lauern kann.
Besonders tückisch ist das Postulat des „symptomlosen Kranken“, der als „Superspreader“ alle anderen gefährdet, was den Argwohn aller gegen alle befeuert und zu einer kompletten Beweislastumkehr führt: Im Kampf gegen den unsichtbaren Feind sind alle Menschen nicht potenziell gesund, sondern potenziell krank. Jeder Mensch ist ein noch nicht überprüfter Verdachtsfall und potenzieller Gefährder und muss über tagesaktuelle Feststellungen (Tests) oder Impfungen seine Unschuld beweisen. Tut er dies nicht, sind Aussonderung und Restriktion zulässige Notwehrmaßnahmen der Gesellschaft.
Diese Erzählung ist neu und nicht zuletzt deshalb so erfolgreich, weil sie vor allem gemeinschaftliche Ideale wie Solidarität, Verantwortung für die Mitmenschen etc., die gerade den Linken lieb und teuer sind, in ihren Dienst nimmt. Darum wird ihr tückisches Wesen von den meisten Linken, Sozialdemokraten und Links-Sozialisten auch nicht erkannt, zumal diese gerade jetzt, in der Corona-Krise, zum Opfer ihrer Staatsgläubigkeit geworden sind: Dass nach dreißig Jahren neoliberaler Privatisierungen und Kahlschlags-Politik (auch und gerade im Gesundheitswesen) nun auf einmal der bis dato schwache Staat die Zügel ergreift und, wie es scheint, die Gesundheit der Bürger zur obersten Maxime seines Handelns macht, gilt ihnen als Beweis für die wiedergewonnene ethische Dimension der Politik. Warum aber sollten die ansonsten skrupellosen herrschenden Eliten beschlossen haben, die globale Profitmaschine angesichts eines Krankheitserregers anzuhalten, der fast ausschließlich die „Unproduktiven“, die über 80-Jährigen trifft?
John Melhuish Strudwick, Ein Goldener Faden, 1885
Wie sehr unterscheidet sich die Macht in diesem Zeitalter von der Macht im traditionellen Sinne?
Im Unterschied zu traditionellen Diktaturen und totalitären Systemen, die zumeist nationalstaatlich organisiert sind oder waren (was Bündnisse zwischen ihnen keineswegs ausschloss – man denke nur an die faschistischen Achsenmächte Deutschland, Italien und Japan) und die ihre politischen Gegner ausgeschaltet oder in Lagern konzentriert haben, haben wir es diesmal mit einer transnationalen biopolitischen Machtergreifung zu tun, die „auf der Ebene der Global Governance beginnt und tief in die Souveränität des Individuums eingreift“, wie van der Pijl, Professor für Internationale Politik an der Universität Sussex, in seiner fulminanten Studie „Die belagerte Welt“ aufgezeigt hat: „Die Verhängung des Ausnahmezustands in praktisch der ganzen Welt war in erster Linie ein politischer Schritt, der nachweislich von langer Hand vorbereitet und in einer Reihe von transnationalen Denkfabriken und supranationalen Organisationen wie der WHO und der Weltbank koordiniert wurde. Auf deren Rat und ausdrückliche Anweisung haben die Regierungen ihre Bevölkerungen in den Würgegriff genommen. Schließlich geht es um das Überleben der bestehenden Gesellschaftsordnung, die sozial, wirtschaftlich und ökologisch auf Grund gelaufen ist.“
Das Programm, das im Windschatten der „Pandemie“ umgesetzt wird, der sog. „Great Reset“ (wie die gleichnamige programmatische Schrift von Klaus Schwab und Thierry Malleret lautet.) hat jedoch nichts mit Gesundheit zu tun. Vielmehr geht es um den Machterhalt der Oligarchie, der transnational herrschenden Klasse, die sich um einen neuen Machtblock aus Geheimdiensten, IT-Giganten und Medienkonglomeraten konzentriert.