Lyna Al Tabal, Rai
Al Youm, 27.07.2025
Übersetzt von Tlaxcala
Dieser Text ist eine Hommage an den Musiker, Komponisten und Schriftsteller Ziad Rahbani, Sohn der Sängerin Fairouz, der am 26. Juli in Beirut im Alter von 69 Jahren verstorben ist.
Wenn das deine Neuheit ist, Ziad… dann wollen wir
sie nicht.
Ziad Rahbani lächelt immer noch – in einem
seltsamen Schweigen. Er schaut uns mit geschlossenen Augen an, als hätte er
schon alles gesehen… und nichts zähle mehr. Er schlummert wie ein Fürst, der
seines Königreichs müde ist. Ziad schläft, nicht wahr?
Nein. Ziad leistet auf seine Weise Widerstand: Er
zieht sich zurück. Er weigert sich einfach, an all dem teilzunehmen.
Seine Entscheidung, ab heute zu schweigen, ist
seine stärkste Erklärung. Er hat sich entschieden, die Augen zu schließen… und
zu träumen.
Aber wer träumt heute noch? Wer hat noch den Mut
zu träumen? Ziad. Nur Ziad.
Ziad schläft, ja. Und er träumt von dieser Nation…
Welch seltsame Nation ist das, von der du träumst, Ziad…!
In seinem Traum
sieht er Palästina… ohne Barrieren, ohne Checkpoints, ohne Soldaten, die dir
die Blume entreißen, weil ihre Farbe sie an das Blut erinnert, das sie seit
jeher vergossen haben, und dir dann zurufen: „Bleib stehen… in der Sonne… und
verbrenne.“

Dieses Calligraffiti von Ashekman zeigt Ziad Rahbani mit dem berühmten Satz „Bennesbeh Labokra Chou?“ – „Und morgen, was dann?“ (Titel eines Musiktheaterstücks von 1978), strategisch im Zentrum einer ehemaligen Kriegszone Beiruts platziert, der sogenannten „Kontaktlinie“, an der Kreuzung Basta/Bechara el Khoury/Sodeco. Foto: Jad Ghorayeb
Ziad träumt, dass die Besatzung beendet ist – und mit ihr die glatten Gesichter der Macht verschwunden sind – jene, die Normalisierungsabkommen unterschrieben, während der Feind seine Bomben auf uns warf. Niemand fragt sich, wo „Abbas“ ist, natürlich. Und niemand trauert um eine Autorität, die seit Oslo schläft.
Damaskus, in seinem Traum, hat „Jules Jammal“*
wieder in die Schulbücher aufgenommen und das Siegeszeichen über dem
Nationalfriedhof erhoben, wo die Hälfte des Volkes begraben liegt – in all
seiner Vielfalt. Und in diesem Traum applaudieren alle, sogar die Märtyrer.
Dort steht eine Statue einer schönen Kämpferin namens Syria, die das
Siegeszeichen macht.
Beirut schickt seine Dichter nicht mehr in den
Golf, um als kulturelles Alibi zu dienen oder beim übersättigten Westen um
Subventionen zu betteln. Und die Kameras über den Botschaften wurden
herausgerissen – wie verfaulte Zähne.
In seinem Traum ist die arabische Welt ein
einziges Land, das jedoch alle Völker umfasst, von Tanger bis Salalah… Er
träumt, dass die arabischen Völker die Grenzen nach Palästina überschreiten,
sie erzwingen, wie es der Aktivist Georges Abdallah forderte, sie schleifen und
das Land zurückerobern.
Todmüde? Oder einfach bis zum Erbrechen
angewidert, Ziad? Beides… und dann basta.
Ziad hat die Tonart gewechselt, uns allein im
Taumel zurückgelassen… Uns, seine Generation, die er in den Schlaf sang –
während alles um sie zusammenbrach.
Wir sind die Generation der Trümmer: geboren
zwischen 1970 und 1990, als instabil diagnostiziert, weil der Krieg nie stabil
war. Und zum Glück: Wir wollen nicht geheilt werden von einem Leid, das uns
klarsichtig machte.
Wir überlebten im Doppeltakt: Krieg bei Tag, Ziad
bei Nacht. So hielten wir durch. Tote bei Morgengrauen, Melodien bei
Sonnenuntergang. Und niemand fragte je, wie wir das schafften.
Unter Bomben laufen, nur um eine Ziad-Kassette zu
holen… Man muss verrückt sein, oder? Aber wir taten es. Wir zogen seine Stimme
dem eigenen Leben vor. Das war unsere Art zu lieben. Idiotisch. Wild.
Bist du je einem Scharfschützen ausgewichen – mit
einer Ziad-Kassette in der Tasche? Wir schon. So kamen wir nach Hause, zwischen
zwei Salven, ohne nachzudenken. Instinkt, Liebe, pure Dummheit.
Jeder glaubte, Ziad spreche nur zu ihm. Wir waren
kein Publikum. Wir waren seine Generation, seine Kinder.
Und als unsere Häuser vom Feind aufgerissen
wurden, gehörtest du auch zu denen, die unter den Trümmern zuerst nach der
Ziad-Kassette suchten? Und als das Exil dich rief, hast du nicht als Erstes die
Kassette von Ziad und die Stimme von Fairouz in deinen Koffer gelegt?
Ja, wir sind diese Kranken. Die Überlebenden einer
Zeit, eines Systems, von Kriegen, die in unserem Fleisch und Geist stecken. Wir
zucken beim kleinsten Geräusch. Es sind nicht mehr die Bomben – es sind die
zuschlagenden Türen… die alles wieder wachrufen, was wir vergessen wollten.
Wir vertrauen wie Idioten, heilen kaum, und
stürzen beim ersten Lied oder der ersten Erinnerung sofort wieder ab.
Dieser Text handelt nicht von einem Künstler. Er
handelt von einem Vater, einem Therapeuten ohne Kittel, der unsere Wunden mit
Kassetten heilte. Seine Diagnosen stellte er mit wütendem Klavierspiel. Wir
sind seine Generation. Die, die das Land, die Bank, die Religion, die Parteien
und das Exil gekreuzigt haben… und die am Ende zu Ziad gingen.
Du hast recht, Ziad… Im Nahen Osten ist der Schlaf
der einzige wahre Frieden geworden.
Du hast alle lächerlich gemacht – und niemand
hasste dich. Du lachtest über alle gleichzeitig – und sie hörten dir zu wie
einem desillusionierten Propheten.
Du warst der Einzige, der keine Entscheidung von
uns verlangte. Alle Lager schienen dir absurd, hohl, austauschbar… außer einem:
dem der Widerstand.
Widerstand ist keine Entscheidung. Er ist ein
Reflex. Wie unter Wasser atmen. Wie stumm schreien. Wie in den Augen deines
Nachbarn den Soldaten erkennen, der dein Haus in Stücke schoss… Dann denkst du
nicht mehr: du leistest Widerstand.
Ist das also deine Neuheit, Ziad?
Wir wollen sie nicht.
Deine Generation, Ziad – die das Ende der
israelischen Besatzung erleben wird… ohne dich.
AdÜ
Jules Youssouf Jammal ist eine legendäre Figur des arabischen Nationalismus: Der christlich-orthodoxe syrische Offizier soll während der französisch-israelisch-britischen „Suez-Operation“ 1956 einen Selbstmordangriff auf ein französisches Kriegsschiff ausgeführt haben.
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