Weltkongress gegen Faschismus, Neofaschismus und andere ähnliche
Ausdrucksformen
Simón Rodríguez Convention Centre
La Carlota. Caracas Venezuela
10. und 11. September 2024
ABSCHLUSSBERICHT DES ERSTEN KONGRESSES DER ANTI-FASCHISTISCHEN INTERNATIONALE (AI)
Spanisches
Original
Übersetzt von Helga
Heidrich, herausgegeben von Fausto
Giudice, Tlaxcala
Französische
Fassung
Englische Fassung
An der Veranstaltung nahmen mehr als 1.200 Teilnehmer aus
97 Ländern teil, insbesondere aus Lateinamerika, Afrika, Asien und dem Nahen
Osten.
Mit vier Grundsatzreden und acht Panels hatte die Veranstaltung mehr als 30
Redner.
Soziale, feministische, jugendliche und kulturelle Bewegungen, Intellektuelle
und Akademiker, Gewerkschaften und politische Parteien, Prominente, indigene
Organisationen, Menschenrechtskollektive, Organisationen der Völker der Welt.
Internationalismus zur Verteidigung des menschlichen Lebens und des Planeten
kann nicht vom Kampf für Frieden, soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte
getrennt werden, ebenso wenig wie von den antifaschistischen,
antikapitalistischen, antikolonialistischen, antipatriarchalen und
antiimperialistischen Kämpfen, die auf den Prinzipien des Sozialismus des 21.
Jahrhunderts basieren.
20. Jahrhundert: Faschismus
Der Faschismus im 20. Jahrhundert entstand als Reaktion auf eine Reihe von
wirtschaftlichen, sozialen und politischen Krisen, die Europa nach dem Ersten
Weltkrieg erschütterten. Vor diesem Hintergrund der Verzweiflung und
Enttäuschung über die liberalen Demokratien fanden autoritäre Bewegungen wie
der italienische Faschismus und der deutsche Nationalsozialismus fruchtbaren
Boden.
Beide Bewegungen teilten einen tiefsitzenden Hass auf Kommunismus und
Sozialismus und nutzten die Angst vor dem „inneren Feind“, um ihre Macht zu
festigen.
Die faschistischen Bewegungen des 20. Jahrhunderts hatten gemeinsame Merkmale:
verschärfter Nationalismus, Autoritarismus, Antikommunismus, Antiliberalismus,
Militarismus, Gewalt, Propaganda und Medienkontrolle, rassistische
Überlegenheitsideologie und Anti-Intellektualismus. Diese Elemente ermöglichten
die Festigung der absoluten Macht, wobei Zensur, Propaganda und Unterdrückung
als Schlüsselinstrumente eingesetzt wurden.
21. Jahrhundert: Digitaler Neofaschismus
Wir erleben einen tiefgreifenden Wandel in der Struktur des globalen
Kapitalismus, eine Phase, die als digitaler Kapitalismus bezeichnet werden
kann.
Eine neue neofaschistisch- kapitalistische Phase, die durch die zunehmende
Machtkonzentration in den Händen einer neuen Finanz- und
Technologiearistokratie gekennzeichnet ist, die über enorme wirtschaftliche
Ressourcen verfügt und die Informations- und Kommunikationstechnologien beherrscht.
Im Jahr 2022 besaßen die zehn reichsten Männer der Welt mehr Vermögen als die
3,1 Milliarden ärmsten Menschen. Die reichsten 10 % der Weltbevölkerung
beziehen 52 % des globalen Einkommens, während die ärmste Hälfte nur 8,5 %
erhält. Die ärmste Hälfte der Weltbevölkerung besitzt 2 % des Gesamtvermögens
der Welt, während die reichsten 10 % 76 % besitzen.
Laut Forbes gab es 2024 141 Milliardäre mehr als 2023 und 26 mehr als im
Rekordjahr 2021.
Außerdem sind Milliardäre mit einem Gesamtwert von 14,2 Billionen US-Dollar
reicher als je zuvor.
Aufstieg des digitalen Neofaschismus:
In diesem Kontext der Entwicklung einer neuen kapitalistischen Phase sind
extremistische Ideologien entstanden, die mit den Interessen dieser neuen
Finanz- und Technologiearistokratie verbunden sind, die von Persönlichkeiten
wie Elon Musk, Mark Zuckerberg und Jeff Bezos vertreten wird, die mit Think
Tanks, multilateralen Organisationen, NGOs, Militärunternehmen (Academi, Erick
Prince), paramilitärischen Gruppen und Drogenhandelskartellen zusammenarbeiten,
die mit Netzwerken rechter und rechtsextremer politischer Parteien verbunden
sind.
Finanz- und Technologiearistokratie:
Laut Forbes-Ranking:
Bernard Arnault: Eigentümer von LVMH, mit 75 Marken in der Mode- und
Kosmetikindustrie (Louis Vuitton, Sephora usw.). Vermögen von 233 Milliarden
Dollar.
Elon Musk: Mitbegründer von sechs Unternehmen, darunter das
Automobilunternehmen Tesla und das Luft- und Raumfahrtunternehmen SpaceX, und
Käufer des sozialen Netzwerks Twitter (umbenannt in X) im Oktober 2022.
Vermögen von 195 Milliarden Dollar.
Jeff Bezos: Gründer des E-Commerce-Riesen Amazon, Eigentümer der
Washington Post und von Blue Origin, einem Raumfahrtunternehmen, das Raketen
entwickelt. Vermögen: 194 Milliarden Dollar.
Mark Zuckerberg, Eigentümer von Meta (wo er u. a. die Plattformen von
Facebook, Instagram und WhatsApp zusammenführte). Nettovermögen von 177
Milliarden Dollar.
Larry Ellison, Vorsitzender, Chief Technology Officer und Mitbegründer
des Software-Riesen Oracle. Nettovermögen 141 Milliarden Dollar
Neue Phase und Neofaschismus
Dieser Neofaschismus unterscheidet sich von seinen vorherigen Phasen durch eine
strategische Kontrolle fortschrittlicher Technologien, die die sozialen,
politischen und wirtschaftlichen Beziehungen neu gestalten.
Technologien wie das Internet der Dinge, künstliche Intelligenz, 5G- und
6G-Netze, Metaverse, Nanotechnologie und Robotik haben digitale Plattformen zu
„neuen Fabriken“ gemacht, in denen das Kapital Freizeit und Ruhezeit ausbeutet
und in Produktionszeit umwandelt.
Diese technologische Revolution hat jeden Aspekt unseres Lebens kolonisiert und
die Art und Weise, wie wir arbeiten, miteinander umgehen und uns politisch
beteiligen, radikal verändert.
Extremistische Ideologien:
Aufstieg neofaschistischer Persönlichkeiten auf der ganzen Welt, die sich in
der selbsternannten Global Alt-Right Movement und der selbstdefinierten
neoreaktionären Ideologie (NRX) artikulieren. Hier zollen sie Persönlichkeiten
wie Benjamin Netanjahu (Israel), Donald Trump (USA), Giorgia Meloni (Italien),
Santiago Abascal (Spanien), Javier Milei (Argentinien), Maria Corina Machado
(Venezuela), Nayib Bukele (El Salvador), Jair Bolsonaro (Brasilien), Volodimir
Zelensky (Ukraine) und Marine Le Pen (Frankreich) Tribut.
Diese Anführer nutzen populistische Diskurse, um Regime zu legitimieren, die
die Unterdrückung sozialer Bewegungen, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus,
politische Gewalt und die Verletzung der Menschenrechte fördern, und
appellieren an Angst, Terror und Unsicherheit, um Putschpläne und
antidemokratische Politik zu legitimieren, während sie die Kluft der
wirtschaftlichen Ungleichheit vergrößern und die Plünderung von Ressourcen
garantieren.
Intoleranz und Hassreden:
Der Neofaschismus als neue Phase des Faschismus setzt die Gewalt gegen Frauen
und Vielfalt fort und vertieft sie, wodurch die durch Kapitalismus, Rassismus
und Patriarchat verursachten strukturellen Ungleichheiten verschärft werden.
Dieses Unterdrückungssystem spiegelt sich im Verschwinden politischer Frauen in
Führungspositionen und feministischer Aktivistinnen sowie in der hohen Zahl von
Frauenmorden wider, Strategien, die darauf abzielen, diejenigen, die für
soziale Gerechtigkeit kämpfen, zu disziplinieren und zum Schweigen zu bringen.
Die Feminisierung des rechten Flügels und die Verwendung weiblicher Figuren
durch Faschismus und Neofaschismus sind Taktiken, die darauf abzielen,
reaktionäre Politik zu manipulieren und zu legitimieren.
Vor diesem Hintergrund ist es von entscheidender Bedeutung, ein populäres,
revolutionäres, antipatriarchales, antikapitalistisches, antirassistisches,
antikolonialistisches, antizionistisches und antifaschistisches Programm zu
formulieren. Nur so ist es möglich, eine Politik abzulehnen, die Ausgrenzung,
Rassismus und Fremdenfeindlichkeit als Mittel der Herrschaft fördert.
Soziale Netzwerke und kognitive Kriegsführung:
Wir leben in einer Zeit, in der digitale Technologien eine zentrale Rolle
spielen. Soziale Netzwerke und Medienplattformen sind der zentrale Schauplatz
für die Manipulation von Wahrnehmungen und sozialer Entfremdung. Die sogenannte
„vierte industrielle Revolution“ fördert die Aneignung und Nutzung
wissenschaftlicher und technologischer Entwicklungen für die Fragmentierung von
Gesellschaften und die kognitive Kriegsführung durch Algorithmen, die darauf
abzielen, die Vorherrschaft einer globalen Elite mit ihrem Epizentrum im
„Westen“ aufrechtzuerhalten.
Soziale Netzwerke und kognitive Kriegsführung:
Das von emotionaler Entfremdung geprägte Online-Leben erleichtert die
Abkopplung von den Auswirkungen des eigenen Handelns und dient oft als Brücke
zur Gewalt in der Realität.
In globalen Netzwerken organisierte Denkfabriken und Forschungszentren nutzen
digitale Geräte, um Einflusskampagnen mit segmentierten Botschaften
durchzuführen, die die individuelle und kollektive Subjektivität beeinflussen.
Die Notwendigkeit, die Verschlimmerung psychischer Probleme sichtbar zu machen
und anzugehen. Häufigkeit von Angst- und depressiven Störungen, Sucht, Apathie
und Selbstmord bei Jugendlichen.
Die Bedeutung der Entwicklung und Formulierung von Instrumenten, die es jungen
Menschen ermöglichen, sich der Manipulation digitaler Plattformen durch
kritische Reflexion und kollektiven Kampf zu stellen.
Jugend und kognitive Kriegsführung:
Der digitale Neofaschismus versucht, die jüngeren Generationen durch die
Nutzung der Bildschirme zu entpolitisieren, indem er Individualismus und
soziale Hyperfragmentierung, irrationalen Konsumismus, Meritokratie und
Geschichtslosigkeit fördert.
Neue Technologien werden für Propaganda und Massen-Desinformation sowie für die
Konstruktion eines inneren Feindes genutzt, der zu einem „wir gegen sie“ wird,
wobei Angst und die Entmenschlichung der Mitmenschen ausgenutzt werden
Es wird versucht, sie von ihrer kulturellen und patriotischen Identität, von
den Werten der Gemeinschaft und der Sorge um das Leben zu lösen. Ziel ist es,
das soziale Gefüge zu fragmentieren und junge Menschen von kollektiven Kämpfen
zu entfremden, wodurch ihre Fähigkeit geschwächt wird, auf die
Ungerechtigkeiten des Systems zu reagieren.
Neokolonialismus 2.0:
Das Todesmodell, das der Kapitalismus in dieser neuen Phase vertieft, spiegelt
sich deutlich im zionistischen und faschistischen Völkermord in Gaza wider.
Dies hat den Konflikt im Nahen Osten eskalieren lassen, mit einer „Achse des
Widerstands“, die an vorderster Front in Solidarität mit dem palästinensischen
Volk kämpft.
Tag für Tag leistet das palästinensische Volk, getragen von den Banden der
internationalen Solidarität, Widerstand gegen das faschistische Regime, das
versucht, seine Würde zu brechen und seine Existenz auszulöschen, verkörpert in
der Person des zionistischen Premierministers Benjamin Netanjahu. Es ist von
entscheidender Bedeutung, die Verbindungen zwischen Zionismus und Faschismus zu
verstehen und sichtbar zu machen, indem man ihre neuen Ausdrucksformen als Teil
der Anerkennung des gemeinsamen Feindes der Völker der Welt identifiziert.
Neokolonialismus 2.0:
Die imperialistische Intervention der NATO in der Ukraine mit Unterstützung
westlicher Mächte hat das Land zu einem geopolitischen Schlachtfeld gemacht. In
diesem Szenario ist Wolodymyr Selenskyj zum Spielball des Imperialismus
geworden.
In Afrika erlebt der europäische Neokolonialismus eine Zeit schwerer
Niederlagen. Die Völker der Welt blicken mit Begeisterung auf die Entstehung
der Konföderation der Sahelstaaten zwischen Mali, Niger und Burkina Faso.
In Lateinamerika und der Karibik sind die Angriffe auf die Bolivarische
Republik Venezuela sowie die jüngsten Putschversuche in den Schwesterrepubliken
Honduras, Kolumbien und Bolivien ein Beweis für eine neofaschistische und
neokoloniale Offensive in der Region.
Neokolonialismus 2.0:
Wirtschaftskrieg führt in einer Reihe von Ländern zu Gewalt, insbesondere in
Kuba und Venezuela. In Argentinien ist der plötzliche Aufstieg von Javier Milei
zum Präsidenten ein neoreaktionäres Phänomen innerhalb der neuen globalen
wirtschaftlichen und politischen Struktur.
Irreguläre Armeen, die mit dem Drogenhandel in Verbindung stehen, sind in
einigen Regionen Mexikos, Kolumbiens, Ecuadors und im sogenannten „Nördlichen
Dreieck“ Zentralamerikas, Guatemala, Honduras und El Salvador, ein echtes
Problem. Die gesamte Region leidet jedoch unter der zunehmenden Gewalt im
Zusammenhang mit dem Drogenhandel.
Die Antifaschistische Internationale (AI)
Es ist notwendig, eine Antifaschistische Internationale zu schaffen, um die
Bemühungen sozialer und politischer Bewegungen zur Verteidigung der Volks- und
proaktiven Demokratie, der sozialen Gerechtigkeit und der Menschenrechte auf
globaler Ebene zu koordinieren.
Diese kollektive Kampffront muss nicht nur dem Neofaschismus auf politischer,
Straßen- und ideologischer Ebene entgegentreten, sondern auch die
technologischen Werkzeuge des digitalen Raums nutzen, um der anhaltenden
mehrdimensionalen und kognitiven Kriegsführung entgegenzuwirken.
Die antifaschistische Internationale als Raum für die Artikulation
antikapitalistischer, antiimperialistischer, antikolonialistischer,
antipatriarchaler und antirassistischer Kämpfe.
Konsolidierung einer koordinierten Offensive, die die Werte soziale
Gerechtigkeit, Frieden, Souveränität und Selbstständigkeit fördert.
Globale Solidarität und territoriale Kämpfe:
Der Vorschlag, eine antifaschistische Internationale aufzubauen, umfasst die
Schaffung sektoraler Agenden, regionaler und nationaler Sektionen sowie
mehrerer globaler Solidaritätsnetzwerke, um dem Wiederaufleben des Faschismus
entgegenzutreten.
Dies impliziert eine internationale Formulierung von Kampfstrategien, an der
alle politischen, sozialen, kulturellen, feministischen, gewerkschaftlichen und
kulturellen Organisationen auf der ganzen Welt beteiligt sind.
Es ist von entscheidender Bedeutung, diesen digitalen Kapitalismus und seine
neuen Formen der Ausbeutung menschlicher Arbeit und des Wissens zu verstehen.
Die gemeinsame Freizeitgestaltung ist heute ein neues Feld der
Mehrwertgewinnung.
Nationale und regionale Verbände: Erstellung konkreter Tagesordnungen auf
den fünf Kontinenten, um der Bedrohung durch den Faschismus entgegenzutreten.