Gideon Levy, Haaretz, 23.10.2025
Übersetzt
von Tlaxcala
Anm. d. Übers.: Da wir es satthaben, dass das Wort „Geiseln” zur Bezeichnung der am 7. Oktober gefangengenommenen Israelis ständig verwendet und missbraucht wird, haben wir uns entschieden, diesen Begriff durch „Entführte” zu ersetzen.
Die Rückkehr der Entführten hat die allen bekannte Wahrheit offenbart:
Israels schlechte Behandlung palästinensischer Gefangener verschlimmerte die
Bedingungen der in Gaza festgehaltenen Israelis. Es ist nun klar, dass das Böse
seinen Preis hatte.
Nadav Eyal berichtete am Mittwoch in Yediot Aharonot, dass der Sicherheitsdienst Schin Bet bereits Ende 2024 gewarnt habe, dass die Äußerungen des Ministers für Nationale Sicherheit Itamar Ben-Gvir die bereits schrecklichen Bedingungen, denen die Entführten ausgesetzt waren, verschärften — und niemand habe sich darum gekümmert.
Palästinensische Gefangene, die auf ihre Freilassung im Gefängnis Ofer warten. Bild: Tali Meir
Jedes Mal, wenn Ben-Gvir sich mit den Misshandlungen
brüstete, die er anordnete — über die sich der Journalist Yossi Eli in seinen
sadistischen Reportagen auf Channel 13 über die Vorgänge in israelischen
Gefängnissen ergötzte —, kam die Vergeltung aus den Tunneln.
„Wir werden kämpfen“: Kann die israelische Filmindustrie Boykotten und der
Regierung Netanjahu standhalten?
Es ist unangenehm, israelisches Unrecht einzugestehen.
Aber warum mussten wir zuerst von der Vergeltung der palästinensischen
Entführer erfahren, um über die Bosheit der israelischen Entführer entsetzt zu
sein? Was im Gefängnis Sde Teiman geschah (und weiterhin geschieht), war eine
Schande, unabhängig vom furchtbaren Leiden, das es den Entführten zufügte.
Es ist beschämend, dass der Missbrauch der Entführten nötig war, um Empörung über Israels Behandlung
seiner palästinensischen Gefangenen auszulösen, einschließlich der Schlagzeile
von Yediot Aharonot am Mittwoch, die sich bisher kaum dafür interessiert hatte,
was Israel tut.
Die britische Zeitung The Guardian berichtete diese
Woche, dass mindestens 135 verstümmelte und zerstückelte Leichen nach Gaza
zurückgebracht wurden. Neben jedem der verstümmelten Leichen fanden sich
Zettel, die darauf hinwiesen, dass sie in Sde Teiman festgehalten worden waren.
Auf vielen der Bilder war zu sehen, dass ihre Hände auf dem Rücken gebunden
waren.
Nicht wenige wiesen Anzeichen von Folter auf, darunter
Tod durch Erwürgen, von einem Panzer überfahren zu werden und andere Mittel. Es
ist unklar, wie viele nach ihrer Festnahme getötet wurden. Sde Teiman war ein
Sammelpunkt für Palästinenser, die an anderen Orten getötet wurden.
Der Palästinensische Gefangenenclub berichtet, dass etwa
80 palästinensische Häftlinge, die im Gefängnis getötet wurden, die Wahrheit
unterschätzt haben könnten. The Guardian sah nur einige der Leichen und
bestätigte die Anzeichen von Misshandlungen, sagte aber, sie könnten aufgrund
ihres Zustands nicht veröffentlicht werden. Der Körper des 34-jährigen Mahmoud
Shabat wies Anzeichen auf, dass er aufgehängt worden war. Seine Beine waren von
einem Panzer zerdrückt worden, und seine Hände waren auf dem Rücken gefesselt. „Wo ist
die Welt?“ fragte seine Mutter.
Die Lage der lebenden Palästinenser, die freigelassen
wurden, ist kaum besser. Viele konnten bei ihrer Freilassung kaum stehen, ein
Fakt, der in den israelischen Medien kaum behandelt wurde.
Dr. Ahmed Muhanna, Direktor des Al-Awda-Krankenhauses in
Jabaliya, der im Dezember 2023 weggebracht und während des Waffenstillstands
freigelassen worden war, sagte diese Woche, er sei während seiner Inhaftierung
von Ort zu Ort gebracht worden, darunter an einen Ort, den er als „Zwinger“
bezeichnete, wo Soldaten ihn mit furchterregenden Hunden misshandelten.
Das abgemagerte Erscheinungsbild des Arztes ließ keinen
Zweifel an den Bedingungen seiner Haft. Israel hält 19 weitere Ärzte aus Gaza
unter ähnlichen Bedingungen fest.
Wir sollten uns an die Bedingungen erinnern, unter denen Adolf Eichmann festgehalten wurde. Niemand misshandelte ihn körperlich, bevor er auf richterliche Anordnung hingerichtet wurde.
Freigelassene palästinensische Gefangene tragen Gewehre, als sie nach ihrer
Freilassung aus israelischen Gefängnissen in den Gazastreifen zurückkehren,
nach einer Waffenstillstandsvereinbarung zwischen der Hamas und Israel, vor dem
Nasser-Krankenhaus in Khan Younis im Süden des Gazastreifens im Oktober. Bild:
Abdel Kareem Hana, AP
Damals prahlte Israel mit den Bedingungen seiner Haft.
Heute rühmt sich die Regierung des Sadismus, des Missbrauchs und der Folter.
Sie tut dies, weil sie die Seelen ihrer Bürger kennt. Die Mehrheit der Israelis
ist rachsüchtig und billigt den Missbrauch.
Mit Ausnahme von Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen,
B’Tselem und dem Komitee gegen Folter hat sich kaum jemand gegen das, was
geschah, ausgesprochen. Für Nukhba-Terroristen ist alles erlaubt.
Die Definition dessen, wer dazugehört, umfasst alle, die
es wagten, am 7. Oktober nach Israel einzudringen. Der Journalist Ben Caspit
sagte diese Woche, alle Nukhba-Kämpfer sollten hingerichtet werden. Es scheint,
dass Schin Bet, der israelische Gefängnisdienst und die israelischen
Verteidigungsstreitkräfte die Arbeit bereits ernsthaft begonnen haben.
Israels einzige Sorge gilt dem Schaden, der den Entführten
zugefügt wurde. Alles andere wird
vergeben. In vielen Fällen freuen wir uns sogar, schätzen und befürworten den
Missbrauch. Wir
wollten Sadismus; wir bekamen Sadismus.
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