04/12/2021

MILENA RAMPOLDI
„Gegen die Schockstarre der Menschen hilft nur Aufklärung, Aufklärung, Aufklärung“
Rudolph Bauer im Gespräch über sein Buch „Maskierter Totalitarismus“

 Milena Rampoldi, ProMosaik, 3/2/2021

 „Julian Assange war nicht der letzte Widerständler und Aufklärer“

Milena Rampoldi: Herr Professor Bauer, Ihre jüngste Schrift mit dem Buchtitel „Maskierter Totalitarismus. Biopolitik, Big Pharma, High Tech und Big Money“ ist eine sehr harte Kritik am System. Es geht in der Schrift um die Analyse der Pandemie und die wissenschaftliche Kritik an den Corona-Maßnahmen. Meine Frage an Sie: Wofür stehen Ihrer Meinung nach die Corona-Masken, und was besagt der Titel „Maskierter Totalitarismus“?

Rudolph Bauer: Der Titel wirft ein Schlaglicht auf die aktuelle Lage. Corona ist – im übertragenen Sinn – die Maske, hinter der sich die Fratze des Totalitarismus verbirgt. Zugleich sind jene Masken, die zur Mund-Nasen-Bedeckung getragen werden müssen, ein symbolisches Zeichen von Unfreiheit und Unterwerfung. Es ist schon sehr merkwürdig, dass die Verschleierung muslimischer Frauen westlich arrogant als Zeichen von Unfreiheit und Unterdrückung angeprangert, verurteilt und in bestimmten Ländern sogar bestraft wird. Wegen eines Virus aber und wegen der staatlich verschuldeten Engpässe im Gesundheitswesen wird Vermummung zum staatlich verordneten Zwang. Keine Maske zu tragen, wird bestraft. Selbst Kinder müssen befehlsmäßig durch Masken atmen und zueinander auf Distanz gehen. Angeblich aus Schutzgründen. Dubios!

Ihr Buch ist kritisch, aber nicht pessimistisch. Warum?

Im Buch kritisiere ich die ausschließliche Fixierung auf das Virus. Ich argumentiere, dass sich hinter der aufgebauschten Pandemie-Kulisse etwas ganz Anderes und Dramatisches abspielt: nämlich ein gewaltiger Krisen-Hub sozialer, politischer und wirtschaftlicher Art. Erstes Anzeichen der Verwerfungen war die Bankenkrise von 2008. Schleichend, aber erkennbar für den kritischen Betrachter zeichnet sich das Ende der bisherigen, als neoliberal bezeichneten Produktionsweise ab. Diese ist immer weniger in der Lage, die gewohnten Profitraten zu garantieren.

Die Profitraten stagnieren oder fallen. Deshalb wird von den Wortführern des Kapitals darauf gedrängt, einer – wie sie es verharmlosend nennen – Vierten industriellen Revolution zum Durchbruch zu verhelfen. Die Vierte industrielle Revolution soll die kapitalistische Produktionsweise auf eine neue Stufe heben. Diese beginnt sich abzuzeichnen als digital- und biotechnokratisches Regime im Verbund mit finanzwirtschaftlichen Superstrukturen, einer transhumanistischen Ideologie der Optimierung des Einzelmenschen und der gesamten Menschheit. Der Wahn des Übermenschen und der Weltherrschaft nimmt erneut Gestalt an – sofern wir dem nichts entgegensetzen.

Hinter der Pandemie-Kulisse wird die biopolitische Umsteuerung mit aller Macht, also totalitär, angestrebt und umzusetzen versucht. Der alte Kapitalismus ist am Ende. Ein neuer drängt politisch-ökonomisch an die Herrschaft, an die Weltherrschaft. Der Umbruch ist aber auch eine einmalige strukturelle Chance für die große Mehrheit der Menschen, sich ihrer eigenen Interessen bewusst zu werden, sich einzumischen und das Scheitern der neoliberalen Ökonomie zum Anlass zu nehmen, revolutionär im Sinne der echten Demokratie neue gesellschaftliche und politisch-ökonomische Strukturen aufzubauen. Wo das Weltwirtschaftsforum und sein Wortführer Professor Klaus Schwab vom Great Reset der Vierten industriellen Revolution reden, fordern wir die Vierte demokratische Revolution, sprich: eine Revolution mit dem Ziel der demokratischen Kontrolle der Fabriken durch die Werktätigen, mit dem Ziel der demokratischen Kontrolle der Pharmaindustrie, der Digitalwirtschaft sowie des Finanz- und Bankenwesens. Wenn dieser demokratische Umbruch ausbleibt, droht uns ein totalitäres Regime, das jetzt schon unter dem Radarschirm der Pandemiebekämpfung installiert wird, und zwar seitens der politisch und ökonomisch Mächtigen mit den Mitteln digitaler Kontrolle und mit Notstandsmaßnahmen sicherheitspolitischer und polizeilicher Art, eben erst vom deutschen Verfassungsgericht als grundgesetzkonform abgesegnet.

Sie sehen Parallelen zu den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts. Welche Parallelen sind das hauptsächlich?

Auch in den 1920er und 1930er Jahren erlebte die Menschheit gewaltige Umbrüche; Stichwort: Inflation und Weltwirtschaftskrise. Der deutsche Staat regierte damals per Notverordnungen, und er subventionierte die große Industrie, ohne jedoch die kapitalistische Eigentumsordnung anzutasten. Gleiches erleben wir heute, getarnt als Governance und in Form von Milliardensubventionen für sog. Zukunftsprogramme der Digitalisierung aller Lebens- und Gesellschaftsbereiche. Während in Hitler-Deutschland die arische Volksgemeinschaft die gesellschaftliche Massenbasis bildete für den rassistischen Nationalismus, ist es heute die staatlich verordnete und massenhaft befolgte Hygienegemeinschaft mit den Merkmalen Maske, Abstandhalten und „Impf“-Nachweis. Während die Nazi-Regenten im Machtrausch 1933 die brutale Beseitigung aller politischen Gegner zum Programm erhoben haben und praktizierten, wird heute scheinbar etwas vorsichtiger, milder, softer vorgegangen. Die Justiz verhält sich wie damals weitgehend herrschaftskonform.

Und warum ist die Lage heute anders bzw. „soft“?

Weil die Eins-zu-eins-Wiederholung der faschistischen Barbarei zu offensichtlich wäre und einen größeren politischen und gesellschaftlichen Widerstand herausfordern würde – einen größeren, als es heute der Fall ist. Es gibt so etwas wie kollektive Lehren aus dem Scheitern der Nazidiktatur und aufgrund der selektiven Bestrafung von NS-Verbrechern nach Kriegsende. Deshalb werden Bücher heute nicht wie 1933 verbrannt. Und es gibt vor allem eine moralisierende Erinnerungskultur, die an der Oberfläche ein „Nie wieder!“ zelebriert und daraus eine scheinbar demokratische Legitimation bezieht. Diese wiederum rechtfertigt totalitäre Maßnahmen wie Demonstrationsverbote und Quarantäne-Einschließungen, willkürliche Zensur und brutale Polizeieinsätze, Reisebeschränkungen und Berufsverbote. Der aktuelle Totalitarismus ist also nur an der Oberfläche „soft“. Die Entfernung des Buches „Maskierter Totalitarismus“ aus einem deutschen Verlagsprogramm zeigt das wahre Gesicht dieses Regimes. Kritische Bücher werden schlicht und ohne, dass es groß auffällt aus dem Programm entfernt.

Ich sehe in dieser Epoche zwei Hauptprobleme, die sozio-politischer Natur sind: Passivität des Einzelnen und Zerstörung des sozialen Gefüges. Wie kommen wir trotz Corona dazu, gerade das zu ändern?

Das, was Sie Hauptprobleme nennen, hat tiefere Ursachen. Die Passivität des Einzelnen ist das Ergebnis einer kollektiven Schockstarre, einer Massenpsychose, die mit Hilfe des Corona-Virus und der ihm angelasteten dramatischen Krankheits-, Leidens- und Todesnarrative und -bilder ausgelöst und von den Medien befeuert wird. Da hilft nur Aufklärung, Aufklärung, Aufklärung. Das andere Hauptproblem, die Zerstörung des sozialen Gefüges, ist nicht neu. Das Problem ist charakteristisch für Gesellschaften wie die unsrige. Sie zerfällt in eine Minderheit von Produktionsmittel-Eigentümern und in eine Mehrheit, die über keine eigenen Produktionsmittel verfügt. Das zu ändern, vermag nur die Mehrheit. Aber die Mehrheit braucht dazu eine demokratische Utopie – eine Vision, die den Demokratismus der herrschenden Verhältnisse kritisch in Frage stellt und überwindet. Sie braucht ein freisetzendes Momentum, um eine revolutionäre Lawine auszulösen. Ob Corona oder die Notverordnungen oder die Folgen der gentechnischen Eingriffe oder einzelne Widerstandsgruppen diese Lawine auslösen werden, wissen wir nicht. Das ist auch gut so. Denn grundlegende Veränderungen brauchen ein Überraschungsmoment, auf das die Gegenseite nicht vorbereitet ist.

In seinem Aufsatz spricht Christian Fiala beispielsweise davon, das Leben wieder analoger zu leben. Was sagen Sie? Oder kann man Digitalisierung positiv nutzen, um die Vierte demokratische Revolution einzuleiten, die Sie als umsetzbare Utopie ansehen?

Ich verstehe den Arzt Dr. Fiala so, dass sich sein Appell für ein analoges Leben darauf bezieht, sowohl die eigene Existenz – unseren Geist, unseren Körper und unsere spirituellen Dimensionen – als auch unsere zwischenmenschlichen Interaktionen und Kommunikationen zu befreien und zu entfesseln – zu befreien aus der virologischen Entmenschlichung, der animalisierenden Medizin, den medial gesteuerten Einschränkungen und der digitalen Totalüberwachung. Sie beherrschen uns gegenwärtig und haben viele der Mitmenschen zu scheinbefreiten Sklaven des Konsums, der Unterhaltung und der Todesangst gemacht. Ob man die Digitalisierung positiv nutzen kann, um die Vierte demokratische Revolution einzuleiten? Sicher: als Instrument der Aufklärung, der Information, der Vernetzung, der gegenseitigen Ermutigung, als Zeichen unserer Stärke. Es werden Menschen heranwachsen im digitalen System, die ausbrechen. Julian Assange war nicht der letzte Widerständler und Aufklärer. Es werden Menschen wie er sein, die das Glück und die Widersprüche der Utopie leben. Wir sollten ihnen nicht vorgreifen.

Vielen Dank, Professor Bauer, für Ihre Antworten und die nüchterne Einschätzung des aktuellen Geschehens. Ihr Blick in die Zukunft macht Mut.

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