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06/05/2021

Ist Israel wirklich safe?
Impf-Weltmeister in Gefahr: Mutationen aus Palästina? | STRG_F


In Israel scheint Corona vorbei! Restaurants, Bars und Clubs sind geöffnet, das Leben zurück. All das geht, weil bereits über 60 % der israelischen Bevölkerung geimpft sind. Israel ist Impfweltmeister. Aber ist Israel vor der Pandemie sicher? Nur wenige Kilometer entfernt – in Palästina – wütet die dritte Corona-Welle weiter. Dort, in Ramallah, lebt STRG_F-Reporterin Alena momentan, nahe der israelischen Grenze. Sie wirft einen persönlichen Blick auf das Thema und nimmt euch mit in beide Welten. Wie sicher kann Israel sein, solange in Palästina nicht ebenso geimpft wird. Nur 3% der Menschen dort haben bislang eine Impfung gegen Corona bekommen. Alena spricht mit Ärzten und Epidemiologen, die meinen, dass der Impferfolg Israels dadurch bald wertlos sein könnte. Denn beide Seiten sind viel durchmischter, als es auf den ersten Blick scheint. 

 Ein Film von Alena Jabarine & Nino Seidel
Kamera: Malak Hassan
Schnitt: Jan Littelmann, Alexander Meyering, Maximilian Klein
Mischung: Frank Albiker
Redaktion: Salome Zadegan, Lutz Ackermann

04/05/2021

Giorgio Agamben: Das Gesicht und der Tod

 übersetzt von Barbara Hallensleben, NZZ, 30-4-2021 

Wo das Gesicht verschwindet, werden auch die Toten aus dem Leben verbannt: Gedanken zur unmenschlichen Gegenwart

Das Gesicht der Menschen ist der Ort ihrer Wahrheit. Wird es verhüllt, dankt die Politik ebenso ab wie die Freiheit.


Willey Reveley, Gesichtslose Statue der Proserpina in Eleusis, Aquarell mit Tusche auf Papier, um 1785

Offenbar sind in der neuen Ordnung des Planeten, die sich gerade abzeichnet, zwei Dinge, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben, zum völligen Verschwinden bestimmt: das Gesicht und der Tod. Wir wollen untersuchen, ob sie nicht irgendwie miteinander verbunden sind und was ihr Verschwinden bedeutet.

Das eigene Gesicht und das Gesicht der anderen zu erblicken, ist für den Menschen eine entscheidende, durchaus riskante Erfahrung – das wussten schon die Alten: «Was ‹Gesicht› heisst», schreibt Cicero, «kann bei keinem Lebewesen ausser beim Menschen existieren.» Und die Griechen bezeichneten den Sklaven, der nicht Herr seiner selbst ist, als aprosopon, wörtlich: «gesichtslos».

Ohne Gesicht keine Politik

Gewiss, alle Lebewesen zeigen sich und kommunizieren miteinander, doch nur der Mensch macht das Gesicht zum Ort, an dem er in seiner Wahrheit erkannt wird. Der Mensch ist das Lebewesen, das sein Gesicht im Spiegel erkennt und sich im Gesicht des anderen spiegelt und wiedererkennt. In diesem Sinne ist das Gesicht sowohl similitas, Ähnlichkeit, als auch simultas, Zusammensein der Menschen. Ein Mensch ohne Gesicht ist zwangsläufig allein, seiner Freiheit beraubt.

Daher ist das Gesicht der Ort der Politik. Wenn die Menschen einander immer und ausschliesslich Informationen mitzuteilen hätten, immer dieses oder jenes, gäbe es nie Politik im eigentlichen Sinne, sondern nur den Austausch von Nachrichten. Da die Menschen jedoch vorrangig ihre Offenheit mitzuteilen haben, ihre Weise, einander in einem Gesicht zu erkennen, ist das Gesicht die eigentliche Bedingung der Politik. Darauf beruht alles, was Menschen einander sagen und miteinander austauschen.