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26/10/2025

Lynchmeuten, Brandanschläge, Massaker an Viehherden: Das Westjordanland erlebt beispiellose israelische Gewalt

Jonathan Pollak, Haaretz, 25.10.2025
Übersetzt von  
Tlaxcala

Israelische Siedler-Milizen, unterstützt von Soldaten, verwüsten palästinensische Gemeinden: Sie prügeln Bewohner, stecken Felder in Brand, zerstören Autos, schlachten Tiere.
Jonathan Pollak, der palästinensische Bauern während der Olivenernte begleitet, berichtet, was er erlebt hat — und wie er dabei beinahe ums Leben kam.

Die Bäume des Südens tragen eine seltsame Frucht,
Blut auf den Blättern und Blut an der Wurzel,
Schwarze Körper schwingen in der Südbrise,
Seltsame Früchte hängen an den Pappeln.

Pastorale Szene des tapferen Südens,
Die hervortretenden Augen und der verdrehte Mund,
Der süße, frische Duft der Magnolien,
Dann plötzlich der Geruch verbrannten Fleisches.

Hier ist eine Frucht für die Krähen,
Für Regen, Wind und Sonne,
Bis die Bäume sie fallen lassen,
Hier ist eine seltsame und bittere Ernte.

„Strange Fruit“ von Abel Meeropol


Ein maskierter israelischer Pogromist schleudert mit einer Steinschleuder auf Olivenerntehelfer im Dorf Beita, Anfang des Monats. Für viele Bauern ist der wirtschaftliche Anreiz, die Ernte zu beenden, fast verschwunden – während die Lebensgefahr ständig zunimmt.
Foto: Jaafar Ashtiyeh / AFP

 Eine entfesselte Gewalt

Die vergangenen zwei Jahre waren eine Zeit ungebändigter israelischer Gewalt. Im Gazastreifen nahm sie monströse Ausmaße an, doch auch im Westjordanland litten die Palästinenser schwer darunter.
Jeder Ort hat seine eigene Form der Gewalt. Hier im Westjordanland wird sie gemeinsam von allen israelischen Kräften ausgeübt – Armee, Polizei, Grenzpolizei, Inlandsgeheimdienst Shin Bet, Gefängnisbehörde, Sicherheitskoordinatoren der Siedlungen und natürlich von Zivilisten.
Oft tragen diese Zivilisten Stöcke, Eisenstangen oder Steine, manche auch Schusswaffen. Milizen, die außerhalb des Gesetzes handeln, aber unter seinem Schutz.
Manchmal führen die Zivilisten den Angriff an, während das Militär ihnen Deckung gibt; manchmal ist es umgekehrt. Das Ergebnis ist immer dasselbe.

Seit Beginn der Olivenernte erreicht die israelische Gewalt im Westjordanland — planmäßig organisiert — neue Rekorde. Noch vor der Ernte wurde sie in Duma, Silwad, Nur Shams, Muʿarrajat, Kafr Malik und Mughayyir a-Deir entfesselt. Das ist das Schicksal der palästinensischen Dörfer, die sich selbst überlassen bleiben, angesichts der israelischen Bastionen ringsum.

 Tote und Pogrome

Mohammed al-Shalabi rannte um sein Leben, ohne zu wissen, dass er in den Tod rannte, als ein grauer Pickup voller bewaffneter Israelis ihn und zehn andere verfolgte. Seine Leiche wurde Stunden später gefunden – erschossen in den Rücken, gezeichnet von brutaler Gewalt.
Dasselbe geschah mit Saif a-Din Musallet, der zunächst fliehen konnte, dann zusammenbrach und starb. Er lag stundenlang bewusstlos da, während israelische Soldaten und Zivilisten die Hügel durchstreiften, auf der Jagd nach weiterer Beute. Es war der 11. Juli 2025, beim Pogrom von Jabal al-Baten, östlich von Ramallah.

Damals wusste ich noch nicht, dass sie tot waren, aber ich kannte die Todesangst. Stunden zuvor war eine Gruppe Israelis in al-Baten eingefallen, und junge Palästinenser aus den Nachbardörfern Sinjil und al-Mazra’a ash-Sharqiya waren losgezogen, um sie aufzuhalten. Anfangs hatten die Palästinenser die Oberhand, doch bald traf ein grauer Pickup mit bewaffneten Männern ein.

Israelische Zivilisten greifen während des Angriffs auf Beita am 10. Oktober Bauern, ihr Land und ihre Fahrzeuge an. Zwanzig Menschen wurden verletzt, einer davon durch Schüsse mit scharfer Munition. Foto Jaafar Ashtiyeh/AFP

Der Pickup raste auf die Palästinenser zu und erfasste einen von ihnen. Während ich half, den Verletzten zu tragen, mussten wir rennen — denn die Tage zuvor hatten gezeigt, was mit jenen geschieht, die nicht entkommen.
Wir schafften es nicht. Eine Gruppe maskierter Israelis, bewaffnet mit schwarzen Polizeiknüppeln, holte uns ein. Die Knüppel hoben sich und fielen immer wieder nieder – ins Gesicht, auf die Rippen, den Rücken, erneut ins Gesicht. Dazu Tritte, Schläge, Staub. Lange Minuten hemmungsloser Gewalt.
Mit geschwollenen Gesichtern und blauen Flecken waren es – wenig überraschend – wir, die verhaftet wurden, als die Soldaten kamen.

Die entweihte Ernte

Früher war die Olivenernte kein ständiger Reigen von Angriffen. Sie war ein fester Bestandteil des palästinensischen Lebens: ganze Familien, auch Frauen und Kinder, unter den Bäumen; Volkslieder, gemeinsames Kochen von qalayet bandora – Zwiebeln, Tomaten und Chilischoten – über offenem Feuer im Schatten der Olivenhaine.
Diese Ernte in ein Ritual der Angst und Wachsamkeit zu verwandeln, bedeutet mehr als bloße Vertreibung: Es ist ein Angriff auf die emotionale Bindung an das Land, ein Versuch kultureller Auslöschung, der auf Identitätsvernichtung zielt. Kein Zufall, dass dies an Formulierungen des Völkerrechts erinnert, die die Zerstörung eines Volkes beschreiben.

Der Angriff, bei dem Mohammed und Saif starben, war nur ein besonders grausames Glied in einer langen Kette von Pogromen. Ich habe längst aufgehört zu zählen, wie viele Beerdigungen ich in den letzten Monaten besucht habe.
Und als wäre die Gewalt nicht genug, kommt der Klimakollaps hinzu: Olivenbäume tragen ein Jahr reichlich, im nächsten kaum. Dieses Jahr war mager – kaum Regen, große Hitze, vertrocknete Bäume, abgefallene Früchte.
Viele Haine sind kahl, noch bevor man die entwurzelten Bäume mitzählt. Der wirtschaftliche Anreiz ist fast verschwunden, das Risiko des Todes steigt.

Palästinensische Bauern und Aktivisten bei der Olivenernte in der Nähe des Dorfes Turmus Ayya in diesem Monat. Eine breite Koalition hat sich mobilisiert, um die Bauern zu unterstützen. Foto Hazem Bader / AFP

 Widerstand: Die Kampagne Zeitun 2025

Trotz Repression und drohender Haft begann die Kampagne Zeitun 2025 („Olive 2025“): eine breite palästinensische Koalition, von der radikalen Linken bis zu Teilen der Fatah, zur Unterstützung der Bauern während der Ernte.
Aktivisten kartierten Risikogebiete und Bedürfnisse. Doch in der Nacht vor Beginn stürmten Dutzende Soldaten das Haus von Rabia Abu Naim, einem Koordinator der Kampagne, und steckten ihn in Verwaltungshaft – also ohne Verfahren.
Rabia stammt aus al-Mughayyir, östlich von Ramallah, einem Brennpunkt der Gewalt von Kolonisten und Armee. Dort wurden Mohammed und Saif getötet, dort riss das Militär 8.500 Bäume aus, und nachts zerstörten israelische Gruppen weitere Hunderte.

Manche möchten glauben, die Situation sei nicht so schlimm, dass „beide Seiten“ Gewalt anwenden, dass die Polizei ermittelt, dass es geheime Gründe für Rabias Haft gibt. Sie mögen weiter an Märchen glauben.

 Die Saison der Pogrome

Am ersten Tag der Ernte, vor zwei Wochen, fiel die Gewalt wie ein Wolkenbruch.
In Jurish wurden Erntehelfer von Israelis mit Knüppeln angegriffen. In Duma, wo 2015 die Familie Dawabsheh ermordet wurde, verweigerten Soldaten den Zugang zu den Feldern.
In Kafr Thulth schlachteten Siedler Ziegen. In Far
ʿata schossen sie mit scharfer Munition auf Bauern, während Soldaten tatenlos zusahen. In Kobar, dem Heimatdorf des inhaftierten palästinensischen Führers Marwan Barghouti, verhafteten Soldaten Bauern auf ihrem eigenen Land.

Rabia Abu Naim, fotografiert von einem Soldaten. Am Vorabend der Olivenernte stürmte die Armee sein Haus und nahm ihn in Verwaltungshaft. Foto Avishay Mohar / Activestills

Am schlimmsten war es in Beita, südlich von Nablus. Am Freitag, dem 10. Oktober, begaben sich etwa 150 Erntehelfer in Olivenhaine nahe eines neuen Außenpostens. Eine kombinierte Truppe aus Soldaten und Zivilisten griff sie an: Schläge, Schüsse, Brände.
Zwanzig Verletzte, einer durch scharfe Munition. Drei Journalisten wurden attackiert: Jaafar Ashtiya, dessen Auto niedergebrannt wurde; Wahaj Bani Moufleh, dem ein Tränengasgeschoss das Bein brach; und Sajah al-Alami.
Acht Fahrzeuge verbrannt, ein Krankenwagen umgestoßen.

Armee und Siedler – eine Front

In den folgenden Tagen kam es zu Dutzenden weiterer Angriffe in Burqa, al-Mughayyir, Lubban al-Sharqiya, Turmus Ayya.
Die Armee schaut nicht nur zu: Sie begleitet die Angreifer, ignoriert Vorfälle oder greift selbst ein.
In Burin erklärte sie das ganze Dorf zur „geschlossenen Militärzone“, verbot den Bewohnern den Zugang und verhaftete 32 solidarische Aktivisten, die einfach in einem Wohnzimmer saßen.

Am 17. Oktober griffen in Silwad Gruppen von Israelis über Stunden hinweg Erntehelfer an, zerstörten Ambulanzen, stahlen Fahrzeuge.
Ein grauer Pickup – immer derselbe – erschien, beladen mit bewaffneten Jugendlichen, die das Gebiet als „Militärzone“ erklärten. Später traf das Militär ein, vertrieb die Bauern – aber nicht die Eindringlinge.
Ich war dort.
Auf der Rückfahrt wurden wir auf einer schmalen, kurvigen Straße an einer Klippe von einem Auto junger Israelis verfolgt. Die Bilder des Pogroms von Jabal al-Baten kamen mir wieder in den Sinn.
Wir entkamen knapp.


Soldaten hindern Palästinenser aus dem Dorf Kobar in der Nähe von Ramallah daran, Oliven zu ernten. Bewohner, die auf ihrem eigenen Land arbeiteten, wurden von den israelischen Streitkfräften festgenommen. Foto Hazem Bader / AFP

 

Und es geht weiter

Hunderte Vorfälle, große und kleine, reihen sich aneinander.
In Turmus Ayya schlugen maskierte Männer einer alten Frau auf den Kopf – sie erlitt eine Hirnblutung und liegt im Krankenhaus von Ramallah. Zwei Aktivisten wurden verletzt, fünf Autos verbrannt.
Und die Ernte ist erst halb vorbei. Die Angriffe werden weitergehen, und darüber hinaus.

Doch dies ist nicht nur eine Geschichte von Gewalt und Enteignung. Es ist auch eine Geschichte des palästinensischen Widerstands, ihrer Bindung an das Land und ihres unbeugsamen Willens, nicht aufzugeben.
Rabia, der inhaftierte Koordinator der Kampagne Zeitoun 2025, hatte es vor seiner Verhaftung gesagt:

„Wenn die Olivenbäume des Dorfes verschwinden, werden wir die Eichen ernten.
Und wenn keine Eicheln mehr da sind, werden wir die Blätter pflücken.“