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22/10/2025

Extremadura mit Palästina: Demonstration gegen die Rheinmetall-Todesfabrik, am 25. Oktober
Informationsdossier


Inhaltsverzeichnis

1.    

1. Aufruf vom 25. Oktober gegen die Wiederaufrüstung Spaniens und Todesfabriken wie Rheinmetall: Stoppt den Völkermord!

2.     Karten

3.     Rheinmetall: Eine Erfolgsgeschichte des Todeshandels, von José Luis Ybot

4.     Erklärung zur Demonstration für Palästina, 6. Oktober 2024, Navalmoral de la Mata

5.     Fotos

6.     El Gordo, das Dorf in Extremadura, das vom Verkauf von Waffen an die Ukraine oder Israel lebt, von Luis Velasco San Pedro


 

20/10/2025

Israel zwischen Vernichtungs- und Wahlkampfkrieg

Ameer Makhoul, Progress Center for Policies, 18.10.2025

إسرائيل بين حرب الإبادة وحرب الانتخابات

Übersetzt von Tlaxcala

Krieg auf allen Fronten, von Patrick Chappatte

Einleitung

Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Israel Katz haben erneut damit gedroht, den Krieg gegen den Gazastreifen wieder aufzunehmen, und mit dem Einsatz von Gewalt gedroht, falls die Hamas die Leichen der israelischen Gefangenen und Häftlinge nicht herausgibt.
Gleichzeitig hat der Minister für strategische Angelegenheiten, Ron Dermer, seine Kontakte zur Trump-Regierung intensiviert und Geheimdienstberichte vorgelegt, die behaupten, Hamas könne eine große Zahl von Leichen zurückgeben, ein Schritt, der als Vorbereitung auf ein US-amerikanisches grünes Licht für eine erneute militärische Eskalation gilt.

In der Zwischenzeit veröffentlichte das Forum der Familien der Gefangenen und Häftlinge einen öffentlichen Appell an Netanjahu und forderte die Wiederaufnahme des Krieges, solange nicht alle Leichen zurückgegeben seien, wodurch eine humanitäre Forderung zu einem politischen Instrument im innerisraelischen Machtkampf wurde.

Krieg im Dienst der Innenpolitik
Israels neue Kriegsdrohungen scheinen eher durch politische und wahlstrategische Bedürfnisse als durch unmittelbare militärische Ziele motiviert zu sein. Netanjahu und Katz haben den Krieg gegen Gaza sogar umbenannt: von „Goldene Schwerter“ zu „Krieg der Wiedergeburt“ oder „Krieg der Erneuerung“. Damit versuchen sie, die israelische Erzählung umzudeuten und ihn als Teil eines „Kriegs der sieben Fronten“ darzustellen:  Libanon, Syrien, Jemen, Irak, Iran, Westjordanland und Gaza.

Durch diesen Markenwechsel versucht Netanjahu, Forderungen nach Rechenschaft über die Ereignisse vom 7. Oktober 2023 abzuwehren,  insbesondere die Einrichtung einer offiziellen Untersuchungskommission, die er weiterhin mit der Begründung ablehnt, „Untersuchungen seien während des Krieges nicht möglich“. Diese Strategie steht in engem Zusammenhang mit den für den Sommer 2026 erwarteten Wahlen.

Lücken im Trump-Plan und regionale Auswirkungen
Israels Drohungen fallen mit den anhaltenden Debatten über die Details des sogenannten „Trump-Plans“ zur Beendigung des Krieges zusammen, ein Plan, den das ägyptische Außenministerium als „voller Schlupflöcher“ bezeichnete. Zu den ungelösten Punkten gehören:

  • Austausch von Leichen und Gefangenen,
  • Entwaffnung von Gaza und der Hamas,
  • Schrittweiser israelischer Rückzug,
  • Verwaltung und Wiederaufbau nach dem Krieg.

Palästinensische Schätzungen beziffern die Kosten für den Wiederaufbau Gazas auf 60 bis 70 Milliarden Dollar. Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate sollen jeweils etwa 20 Milliarden beisteuern wollen, allerdings unter der Bedingung von Stabilität, Entwaffnung und dem Rückzug der Hamas aus der Macht. Damit wird deutlich, dass finanzielle Hilfe eng an das entstehende politische und sicherheitspolitische Rahmenwerk gebunden ist.


Die Netanyahu-Regel…
— Im Kampf ums Überleben sind extreme Maßnahmen gerechtfertigt!
— … Besonders, wenn es um das Überleben meiner politischen Karriere geht!

David Horsey

Die innenpolitische Dimension
Eine Maariv-Umfrage zeigte eine Verbesserung der Position der Regierungskoalition nach der Freilassung der letzten Gruppe lebender Gefangener. Die Unterstützung für die Likud-Partei stieg, während die Partei Religiöser Zionismus unter Bezalel Smotrich die parlamentarische Schwelle überschritt. Im Gegensatz dazu fiel die Partei von Benny Gantz unter diese Schwelle.
Die Umfrage prognostizierte 58 Sitze für die Opposition, 52 für die Koalition und 10 für die arabischen Parteien, deren Anteil bei den nächsten Wahlen steigen könnte.

Für Netanjahu ist diese Konstellation ideal: Sie ermöglicht ihm, eine Sperrminorität zu bilden, die verhindert, dass die Opposition ohne Unterstützung einer arabischen Partei eine Regierung bildet, ein Szenario, das im zionistischen Konsens als inakzeptabel gilt. So könnte Netanjahu langfristig als Übergangspremierminister im Amt bleiben, mit minimaler parlamentarischer Kontrolle, was sein Interesse an vorgezogenen Wahlen erklärt, falls sich die Umfragetrends fortsetzen.

Zwischen Kriegsoption und Stabilitätsbedarf
Trotz der verschärften Rhetorik begrenzen sowohl innenpolitische als auch internationale Zwänge die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Krieges. Militärische, moralische und wirtschaftliche Erschöpfung in Israel sowie das Fehlen eines US-amerikanischen grünen Lichts machen eine Wiederaufnahme der Feindseligkeiten zu einem politischen Risiko statt zu einer strategischen Chance.

Der Trump-Plan, der breite regionale und internationale Unterstützung genießt, bildet den Eckpfeiler des US-amerikanischen Ansatzes zur Wiederherstellung des Gleichgewichts im Nahen Osten, insbesondere im Hinblick auf die geplanten Normalisierungsabkommen mit Saudi-Arabien und Indonesien. Ein Scheitern seiner Umsetzung würde das Vertrauen in die Fähigkeit der USA, regionale Vereinbarungen zu steuern, untergraben.

Das Dilemma der Leichen und die Rolle regionaler Akteure
Die Frage der Leichen der Gefangenen ist ein echter Prüfstein für die Haltbarkeit des Abkommens. Israelische Quellen räumen große logistische Hindernisse ein, die durch die Zerstörung der Infrastruktur und der Tunnel in Gaza entstehen, wo viele der Leichen noch vermutet werden.

Die Regierung Netanjahu hat strikt abgelehnt, türkische Ausrüstung bei den Bergungsarbeiten einzusetzen, eine politisch motivierte Entscheidung, die darauf abzielt, den Einfluss der Türkei zu begrenzen und deren Haltung zu Syrien auszunutzen. Dennoch wächst in Israel die Zahl der Stimmen, die sich für eine von der Palästinensischen Autonomiebehörde geführte Verwaltung Gazas aussprechen, um ein Machtvakuum zu verhindern, das Hamas oder anderen externen Akteuren zugutekommen könnte.

Schlussfolgerung
Israels Drohung, den Krieg wieder aufzunehmen, ist in erster Linie ein wahl- und medienstrategisches Manöver, das darauf abzielt, die innenpolitische Unterstützung zu mobilisieren und die Frage der Gefangenen politisch auszuschlachten.

Es gibt keine konkreten Anzeichen für eine tatsächliche Absicht, den Krieg neu zu entfachen, angesichts des fehlenden US-amerikanischen Rückhalts, der anhaltenden gesellschaftlichen und militärischen Erschöpfung und des starken Widerstands innerhalb der Armee.
Die Umbenennung des Krieges in „Krieg der Wiedergeburt“ spiegelt den Versuch wider, Untersuchungen und politische Verantwortung für die Fehlschläge des 7. Oktober zu vermeiden.
Zentrale israelische Entscheidungen — Krieg oder Frieden — bleiben eng mit Netanjahus Wahlkalkül und seinem Bemühen verknüpft, seine Macht zu sichern.
Der entscheidende Faktor der kommenden Phase wird das Engagement Washingtons für den Trump-Plan sein, der derzeit den einzigen gangbaren Rahmen für die israelisch-palästinensische Arena darstellt.

17/10/2025

Werden Israelis eines Tages über die Gräueltaten ihres Landes in Gaza sagen: „Ich war immer dagegen“?


Menschen werden nicht grausam geboren; sie werden es. Die Grausamkeit der Palästinenser gegenüber Israelis wird weit verbreitet gezeigt, während unsere Grausamkeit – die der israelischen Gesellschaft – immer raffinierter wird, um unsere Beute zu schützen.

Amira Hass, Haaretz, 15.10.2025
Übersetzt von Tlaxcala

Palästinenser kaufen auf einem provisorischen Markt im Flüchtlingslager Nuseirat im Zentrum des Gazastreifens ein. Foto: Eyad Baba/AFP

Optimisten sagen, dass die Israelis schließlich das Ausmaß der Gräueltat begreifen werden, die sie im Gazastreifen begangen haben. Die Wahrheit wird in ihr Bewusstsein einsickern.
Eines Tages werden alte Videos von Säuglingen, die durch unsere Bomben in Stücke gerissen wurden, die Herzen der Israelis erreichen und durchbohren. Sie werden plötzlich Kinder sehen, bedeckt vom Staub des zertrümmerten Betons, unter dem sie gerettet wurden, unkontrolliert zitternd und mit leerem Blick voller Fragezeichen.

Irgendwann, sagen die Optimisten, werden die Israelis aufhören zu sagen: „Sie haben es verdient, wegen des 7. Oktober. Sie haben angegriffen.“ Die Zahlen werden aufhören, bloße Abstraktionen zu sein, und niemand wird mehr sagen: „Wer glaubt schon der Hamas?“ Die Leser werden begreifen, dass mehr als 20.000 Kinder – ein Drittel aller Toten – durch unsere Hände getötet wurden. Mehr als 44.000 Kinder wurden verletzt – ein Viertel aller Verwundeten. Sie werden erkennen, dass sie einen Vernichtungskrieg gegen ein Volk unterstützt haben und keine bewaffnete Organisation besiegt.

Sie werden erkennen, dass die individuelle Grausamkeit der Rache, die so viele Soldaten zeigten – oft begleitet von Lachen und Lächeln auf TikTok – und die kalte, chirurgische und anonyme Tötung aus Cockpits und Kontrollräumen – kein Zeichen von Heldentum ist, sondern eine schwere Krankheit. Gesellschaftlich und persönlich.

Eltern, so glauben die Optimisten, werden nachts nicht schlafen können, aus Angst, dass die Kreuze auf den Gewehren ihrer Söhne Frauen, alte Menschen oder Jugendliche markieren, die Kräuter zum Essen sammelten. Der Tag wird kommen, an dem Jugendliche ihre Väter, die damals Soldaten waren, fragen werden, ob sie ebenfalls einem Befehl gehorchten, auf einen alten Mann zu schießen, der eine unbekannte rote Linie überschritten hatte.

Die Töchter dekorierter Piloten werden fragen, ob sie eine „verhältnismäßige“ Bombe abgeworfen haben, die hundert Zivilisten für einen mittleren Hamas-Kommandanten tötete. „Warum hast du dich nicht geweigert?“, wird die Tochter schluchzen.

DemonstrantInnen mit Fotos von palästinensischen Kindern, die Anfang dieses Jahres in Gaza von Israel getötet wurden, in der Nähe des Luftwaffenstützpunkts Tel Nof.


Die Enkel eines pensionierten Gefängniswärters werden fragen: „Hast du persönlich einen gefesselten Häftling geschlagen, bis er ohnmächtig wurde? Hast du dem Befehl des Ministers gehorcht, den Gefangenen Nahrung und Duschen zu verweigern? Hast du 30 Häftlinge in eine Zelle für sechs gesteckt? Woher kamen die Hautkrankheiten? Kanntest du einen der Dutzenden Häftlinge, die in israelischen Gefängnissen an Hunger, Schlägen oder Folter starben? Wie konntest du nur, Opa?“ Die Neffen von Obersten Richtern werden deren Urteile lesen, die all das erlaubten, und aufhören, sie am Schabbat zu besuchen.

Irgendwann, glauben die Optimisten, wird die israelische Medienvernebelung der Realität aufhören, Gehirne zu waschen und Herzen zu betäuben. Der Ausdruck „der Kontext“ wird kein Schimpfwort mehr sein, und die Öffentlichkeit wird die Punkte verbinden: Unterdrückung. Vertreibung. Demütigung. Deportation. Besatzung. Und all das Leid dazwischen. Es sind keine Parolen selbsthassender Juden, sondern Beschreibungen des Lebens eines ganzen Volkes – jahrelang, unter unseren Befehlen und unseren Waffen.

Menschen werden nicht grausam geboren; sie werden es. Die Grausamkeit der Palästinenser gegenüber Israelis wird ausführlich gezeigt, als Reaktion und Widerstand gegen unsere fremde und feindliche Herrschaft. Unsere Grausamkeit, die der israelischen Gesellschaft, wird immer ausgefeilter – mit dem Ziel, unsere Beute zu schützen: das Land, das Wasser und die Freiheiten, von denen wir die Palästinenser vertrieben haben.

Die Optimisten glauben, dass es einen Weg zurück gibt. Wie glücklich sie sind, diese Optimisten.

01/09/2025

AMENA EL ASHKAR
Das Problem mit der Gleichsetzung durch die Hamas des Völkermords in Gaza mit dem Holocaust

 „Was [der sehr vornehme, sehr humanistische, sehr christliche Bourgeois des 20. Jahrhunderts] Hitler nicht verzeiht, ist nicht das Verbrechen an sich, das Verbrechen gegen den Menschen, es ist nicht die Erniedrigung des Menschen an sich, es ist das Verbrechen gegen den weißen Menschen, es ist die Erniedrigung des weißen Menschen und die Anwendung kolonialistischer Methoden in Europa, die bisher nur für die Araber in Algerien, die Kulis in Indien und die Neger in Afrika galten.“

Aimé Césaire, Über den Kolonialismus, 1955


Das Bestreben der Hamas, durch den Vergleich des Völkermords in Gaza mit dem Holocaust westliche Sympathie zu gewinnen, ist verständlich, aber letztlich kurzsichtig. Stattdessen könnte die Einordnung des Völkermords in den größeren Kontext kolonialer Gewalt echte Solidarität schaffen.

Amena El Ashkar (Bio), Mondoweiss, 29.8.2025
Übersetzt von
Tlaxcala

 Palästinenser begraben die Leichen von 110 Menschen, die bei israelischen Angriffen getötet wurden, in einem Massengrab auf dem Friedhof von Khan Yunis, 22. November 2023. Foto Mohammed Talatene/dpa via ZUMA Press APA Images

Seit über zwei Jahren erklären die Palästinenser im Gazastreifen: „Wir werden ausgerottet.“ Diese Erklärungen stammen nicht nur aus offiziellen israelischen Verlautbarungen, sondern aus gelebter Erfahrung, wo israelische Militäroperationen palästinensische Körper zu Schauplätzen extremer kolonialer Gewalt gemacht haben. Doch trotz der Sichtbarkeit von Massenvertreibungen, Bombardierungen und Hunger zögert ein Großteil der internationalen Gemeinschaft, diese Handlungen als Völkermord einzustufen.

In der Praxis wird die palästinensische Realität erst dann als „legitim“ anerkannt, wenn sie die moralischen Rahmenbedingungen internationaler Institutionen durchlaufen hat – Rahmenbedingungen, die das Ausmaß der Gewalt oft unterschätzen. Die Anerkennung erfolgt in der Regel nach einem langwierigen Prozess: Bewertung, Überprüfung, Datenerhebung und Einbeziehung einer „glaubwürdigen“, „neutralen“ Behörde, die das Ereignis untersucht und bewertet. Erst dann kann das Leiden der Palästinenser ein gewisses Maß an Legitimität erlangen. Tatsächlich dürfen Palästinenser ohne Einschränkung sterben, aber sie dürfen ihren eigenen Tod nicht ohne externe Zustimmung benennen.

Um dem entgegenzuwirken, haben palästinensische Widerstandskämpfer, darunter auch die Hamas selbst, versucht, den Völkermord in Gaza in einen Kontext zu stellen, indem sie eine der wirkungsvollsten historischen Analogien im westlichen Sprachgebrauch heranzogen: den Holocaust der Nazis.

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Im Kontext des Kolonialkampfes ist dies nicht nur eine Frage der Terminologie, sondern eine strategische Herausforderung.

Auf den ersten Blick erscheint die Medienstrategie der Hamas, den Holocaust der Nazis während des Zweiten Weltkriegs zu nutzen, logisch: die Sprecher wollen die moralische Erinnerung des Westens an den Holocaust und den Nationalsozialismus wachrufen, in der Hoffnung, die öffentliche Meinung in den westlichen Gesellschaften so zu mobilisieren, dass die Regierungen unter Druck gesetzt werden, zu handeln und das Leiden in Gaza zu beenden.

Doch nach mehr als zwei Jahren ist dieser Effekt nicht eingetreten. Warum?

In der politischen Vorstellung des Westens ist der Zweite Weltkrieg ein zentraler moralischer Bezugspunkt, und der Holocaust steht im Mittelpunkt. Im Rahmen der epistemischen Dominanz des Westens konnten diese Staaten ihre ethischen Standards durchsetzen und inakzeptables Verhalten definieren, wodurch sie die Grundlagen des Konzepts der „Menschlichkeit“ geprägt haben. Der Holocaust war keine historische Anomalie; die Kolonialgeschichte derselben Staaten ist voller Völkermorde und Hungersnöte, die an den kolonialisierten Völkern verübt wurden. Was den Holocaust zu einem moralischen Absolutum machte, war nicht die Tat des Massenmords an sich, sondern die Identität der Zielgruppe – die europäische Bevölkerung. In diesem Sinne wurden globale moralische Rahmenwerke auf einer eurozentrischen Grundlage errichtet.

Indem die Hamas die Ereignisse in Gaza durch den Holocaust einrahmt, offenbart sie zwei Dynamiken: Erstens, dass die palästinensische Tragödie nicht als eigenständige Erfahrung dargestellt wird, sondern durch die Linse einer anderen Katastrophe – einer, die die westlichen Mächte als den Inbegriff von Grausamkeit bezeichnet haben. Dies stärkt die Autorität eines Moralsystems, das selektiv taub für das Leiden der Palästinenser ist und unvermeidlich dem westlichen Trauma Vorrang einräumt. Zweitens sendet die Verwendung dieser Analogie eine Botschaft an das westliche Publikum: „Glaubt uns, denn was uns widerfährt, ähnelt eurer eigenen Geschichte.“ Dies verstärkt die Vorstellung, dass westliches Leid der Maßstab für alles Leiden ist und dass andere Tragödien einen Vergleich damit erfordern, um als glaubwürdig zu gelten. Diese Dynamik birgt die Gefahr, die historische Erfahrung der Palästinenser zu untergraben, indem sie in die moralische Ordnung eingeordnet wird, aus der sie sich zu befreien versuchen.

Auch der Vergleich selbst weist ein strukturelles Problem auf. Durch die Beschwörung des Holocaust und des Nationalsozialismus wird der Krieg in Gaza in eine ausweglose Position gebracht, da der Vergleich anhand eines Maßstabs beurteilt wird, der darauf ausgelegt ist, den Holocaust an der Spitze der Hierarchie der Gräueltaten zu halten. Dabei wird übersehen, dass der Holocaust einen geschützten Platz im kollektiven Gedächtnis des Westens einnimmt, der durch jahrzehntelange Investitionen in Museen, Filme, Literatur und Bildung aufrechterhalten wird. Die Ungeheuerlichkeit der Nazi-Verbrechen wird so als unübertroffen bewahrt. In diesem Rahmen wird es für Skeptiker leichter, die Bezeichnung „Völkermord” abzulehnen, wenn die Gewalt in Gaza als unter diesem Standard liegend wahrgenommen wird – zum Beispiel weil es keine ikonischen Bilder von Gaskammern gibt.

Darüber hinaus ist der von der Hamas häufig verwendete Begriff „Zionazismus” ungenau. Zwar gibt es Ähnlichkeiten, darunter die Förderung einer Ideologie der rassischen Überlegenheit, doch ist der Zionismus ein Siedlerkolonialprojekt, während der Nationalsozialismus dies nicht war. Beide haben zwar schwere Verbrechen begangen, doch unterscheiden sich diese Verbrechen in ihrem Wesen und ihrem Zweck. Die israelische Politik in Gaza lässt sich am besten als Teil einer längeren historischen Kontinuität kolonialistischer Gewalt verstehen und nicht als direkte Wiederholung nationalsozialistischer Methoden. Technisch und politisch gesehen birgt diese Analogie die Gefahr, die strukturelle Logik der israelischen Gewalt zu verschleiern, und ermöglicht es Israel, die Anschuldigung durch Diskreditierung des Vergleichs abzuweisen.

Als die Hamas sich dafür entschied, Vergleiche mit dem Holocaust und den Nazis anzustellen, war ihr Zielpublikum eindeutig die westliche internationale Gemeinschaft. Dies offenbart zwei miteinander verbundene Probleme. Das erste ist eine Fehlinterpretation der strukturellen Natur der westlichen Unterstützung für Israel – offenbar wird davon ausgegangen, dass die Position des Westens eher auf Unwissenheit oder moralischer Blindheit beruht als auf langjährigen strategischen und kolonialen Interessen, die Israel als funktionalen Verbündeten in der Region positionieren. Nach dieser Ansicht könnte die westliche Behandlung der Palästinenser und des Widerstands als Sicherheitsproblem umgekehrt werden, wenn die Öffentlichkeit davon überzeugt würde, Israel durch einen anderen moralischen Rahmen zu betrachten, beispielsweise den des Holocaust.

Außerdem wird die wahrscheinliche Wirkung des öffentlichen Drucks des Westens auf die staatliche Politik überschätzt, es wird falsch eingeschätzt, welche Allianzen realisierbar sind, und das diplomatische Manövrieren wird auf von anderen festgelegte Rahmenbedingungen beschränkt. In einem solchen Kontext ist die Holocaust-Analogie nicht nur nicht überzeugend, sondern signalisiert auch eine zugrunde liegende strategische Haltung, die die Fähigkeit der Bewegung gefährdet, Erfolge auf dem Schlachtfeld in langfristige politische Vorteile umzuwandeln.

Bei Widerstand und Befreiung geht es nicht nur um die Rückeroberung von Land, sondern ebenso um die Rückeroberung von Vorstellungskraft, Bewusstsein und Sprache. Auf den ersten Blick mag es zweitrangig erscheinen, während eines Vernichtungskrieges von der Dekolonisierung von Wissensrahmen zu sprechen – dennoch ist dies von entscheidender Bedeutung. Was heute in Gaza geschieht, ist kein Ausnahmeereignis und ähnelt auch nicht dem Holocaust, wie ihn der Westen in seiner moralischen Vorstellung konstruiert hat. Vielmehr ist es die Fortsetzung eines langen kolonialen Erbes – eines Erbes, das nicht nur das Schicksal der Palästinenser, sondern auch das anderer Völker im globalen Süden geprägt hat.

Die Gegenwart Gazas als Teil dieses umfassenderen kolonialen Kontinuums zu betrachten, ist für den Aufbau neuer Allianzen in einer sich wandelnden geopolitischen Ordnung von entscheidender Bedeutung. Die koloniale Geschichte der Region selbst bietet reichlich Vergleichsmöglichkeiten, um Gräueltaten aufzudecken, ohne moralische Regime zu verstärken, die – nach mehr als zwei Jahren – nur sehr begrenzte diplomatische und politische Erfolge für den palästinensischen Kampf gebracht haben.

Die Art und Weise, wie wir das Geschehen benennen, ist kein symbolischer Akt; sie prägt grundlegend die Richtung des strategischen Denkens und ist ein Indikator dafür, wie wir die Dinge wahrnehmen und wie wir glauben, von anderen wahrgenommen zu werden. Die Dekolonisierung der Rahmenbedingungen, durch die wir sprechen, ist daher nicht nur ein symbolisches Ziel, sondern ein strategischer Weg zu einer politischen und diplomatischen Praxis, die in der Lage ist, taktische Gewinne vor Ort in langfristige strategische Siege umzusetzen – unter Verwendung von Begriffen, die wir selbst definieren, anstatt solcher, die uns von außen aufgezwungen werden.

13/08/2025

SARAH B.
Scharfschützen im Kreuzzug
Der Missbrauch der humanitären Hilfe in Gaza durch evangelische Extremisten und ehemalige Spezialeinheiten

 In Gaza wurde der Humanitarismus von mit Gewehren, Exorzismen und einer göttlichen Mission bewaffneten Kreuzrittern missbraucht, um das Schlachtfeld nach dem Ebenbild Gottes neu zu gestalten.

Sarah B., DD Geopolitics, 31. Juli 2025

Deutsche Übersetzung von Milena Rampoldi von ProMosaik für Tlaxcala

Inhaltsverzeichnis

I. Die Rückkehr des Kreuzzugs    
II. Eine neue Söldnerrasse: Treffen Sie die Kreuzritter  
III. Die Befreiungslehre
IV. Kinder: Bekämpfung des Menschenhandels als Deckung
V. Gaza: Ein Schlachtfeld für die Seele
VI. Ein Netzwerk der Herrschaft jenseits des Gazastreifens 
VII. Der Schatten von Verschwörungen und Geheimdienstfronten
VIII. Fazit: Die Instrumentalisierung des Glaubens  
 




10/08/2025

„Diejenigen, die Israel bewaffnen, sind die wahren Antisemiten“: Reaktionen in Israel auf den Merzschen Waffenlieferstopp

Nachstehend zwei Artikel aus der israelischen Tageszeitung Haaretz über die Entscheidung von Bundeskanzler Merz, Lieferungen von Waffen nach Israel zu stoppen, die in Gaza eingesetzt werden könnten. Von Tlaxcala übersetzt
Rissiges, von RABE

Wie Berlins Waffenembargo wegen Gaza israelische Firmen in Deutschland daran hindern kann, Waffen an Israel zu verkaufen

Oded Yaron, Haaretz, 9.8.2025

Seit Jahrzehnten ist Deutschland nach den USA der zweitgrößte Lieferant von Rüstungsgütern an Israel. Sollte Israel erneut in eine Notlage geraten, in der es Waffen benötigt, könnte es mit leeren Händen dastehen. Die Formulierung des Bundeskanzlers zum Verbot von Waffen für den Einsatz in Gaza könnte Berlin jedoch einen gewissen Spielraum lassen.


Der deutsche Bundeskanzler Merz (links) mit Premierminister Netanjahu im vergangenen Jahr. Foto  : Kobi Gideon/BauBau

Die Entscheidung Deutschlands vom Freitag, Waffenexporte nach Israel zu beschränken, könnte erhebliche Auswirkungen auf mehrere der wichtigsten Waffensysteme des israelischen Militärs haben und Israel und seine Lieferanten dazu zwingen, Ausweichlösungen für die Produktion in Deutschland zu finden.

Der Schritt könnte auch dazu führen, dass in Deutschland tätige israelische Rüstungsunternehmen, darunter auch staatliche Unternehmen, keine Waffen mehr an Israel verkaufen dürfen.


Ein U-Boot der israelischen Marine

In den letzten Jahrzehnten war Deutschland nach den Vereinigten Staaten der zweitgrößte Lieferant von Rüstungsgütern an Israel, was vor allem auf große Aufträge von ThyssenKrupp für U-Boote und Raketenabwehrschiffe zum Schutz der israelischen Offshore-Gasplattformen zurückzuführen ist.

Laut einer offiziellen Antwort des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie auf eine Anfrage des Bundestages hat Berlin seit Kriegsbeginn bis zum 13. Mai 2025 Rüstungsexporte nach Israel im Wert von insgesamt 481 Millionen Euro genehmigt.

Die Bundesregierung lehnte es ab, konkrete Angaben zu den gelieferten Waffen und Ausrüstungsgütern zu machen, und nannte stattdessen allgemeine Kategorien wie Kleinwaffen, Bomben, Raketen, Munition und eine Vielzahl von Systemen.

Die Erklärung von Bundeskanzler Friedrich Merz, dass Deutschland keine Ausfuhr von militärischer Ausrüstung genehmigen werde, die in den Kämpfen im Gazastreifen eingesetzt werden könnte, lässt Berlin einen gewissen Handlungsspielraum. So dürfte die Entscheidung beispielsweise keine Auswirkungen auf U-Boot- oder Schiffsausfuhren haben, obwohl deutsche Abgeordnete in verschiedenen parlamentarischen Anfragen auf Berichte hingewiesen haben, wonach Überwasserschiffe an der Gaza-Offensive beteiligt waren.

Israel ist jedoch auch in anderen Bereichen von Deutschland abhängig, in denen es schwer zu argumentieren wäre, dass die Systeme nichts mit den Kämpfen im Gazastreifen zu tun haben. So stellt beispielsweise das deutsche Unternehmen MTU, eine Tochtergesellschaft des britischen Rolls-Royce-Konzerns, die Motoren für den Merkava-Panzer, den gepanzerten Mannschaftstransporter Namer und das neue gepanzerte Kampffahrzeug Eitan her.

Dies sind kritische Komponenten für die Einsatzfähigkeit der Panzer- und Infanterieeinheiten der israelischen Streitkräfte. MTU betreibt auch Werke in Großbritannien und den USA, aber diese Anlagen werden nur für die Endmontage und Erprobung von Motoren genutzt, sodass Deutschland ein wichtiges Glied in der Lieferkette bleibt.


Ein Panzer der israelischen Streitkräfte an der Grenze zum Gazastreifen, 2024. Foto Jack Guez/AFP

Die globale Ausrichtung der Lieferkette könnte Israel bereits eine Lösung für die deutschen Sanktionen bieten. Denn Israel bezieht die Motoren für den Namer und den Eitan von einem US-amerikanischen Unternehmen, Rolls-Royce Solutions America Inc., einer in den USA registrierten Tochtergesellschaft der Rolls-Royce Group, sodass die Transaktion über die USA abgewickelt wird.

Die Entscheidung hat keine Auswirkungen auf bestehende israelische Exportverträge mit Deutschland. Erst letzten Monat gab Elbit einen Vertrag über die Lieferung von infrarotgesteuerten Raketenabwehrsystemen für die deutschen A400M-Transportflugzeuge bekannt. Sollte die israelische Regierung jedoch ihren derzeitigen Kurs in Gaza beibehalten, könnte auch Deutschland bei künftigen Beschaffungen auf alternative Lieferanten zurückgreifen. Darüber hinaus könnte jede Entscheidung Deutschlands einen Dominoeffekt in anderen europäischen Staaten auslösen.

Eine Bedrohung für die Exporte israelischer Unternehmen nach Israel

Die internationale Zusammenarbeit zwischen israelischen Rüstungsunternehmen im Ausland und Deutschland hat sich in den ersten Monaten des Krieges als unverzichtbar erwiesen. Deutschland ist für Israel ein wichtiger Verbündeter bei der Entwicklung, Produktion und Vermarktung moderner Waffen, von denen ein Teil für Israel selbst bestimmt ist.

Israel Aerospace Industries, Rafael und Elbit besitzen alle Tochtergesellschaften in Deutschland und arbeiten mit lokalen Firmen in verschiedenen Bereichen zusammen. Das bedeutet, dass Israel, sollte es erneut in eine Notsituation geraten und dringend Lieferungen aus Deutschland benötigen, wie dies in der Vergangenheit bereits der Fall war, möglicherweise mit leeren Händen dastehen würde.

Eine der bedeutendsten deutschen Waffenlieferungen an Israel seit Beginn des Krieges im Gazastreifen war die Lieferung von 3.000 Panzerabwehrraketenwerfern im Jahr 2023. Dabei handelte es sich wahrscheinlich um „Matador”-Raketenwerfer (RGW-90 oder die leichteren RGW-60), die in der Zahal als „Mapatz” bekannt sind und zur Zerstörung von gepanzerten Fahrzeugen, Bunkern und Militanten in Gebäuden dienen.

Die Abschussgeräte werden von der deutschen Firma Dynamit Nobel Defence (DND) hergestellt, die vor 20 Jahren von Rafael, dem staatlichen israelischen Rüstungsunternehmen, übernommen wurde. Der Matador wurde von der IDF in den Jahren der Kämpfe im Gazastreifen und im Libanon häufig eingesetzt.


Das Spike-Raketensystem von Rafael. Bildquelle: Rafael Advanced Defense Systems

Rafael hat auch die „Spike”-Familie von Lenkwaffensystemen entwickelt. Um diese in Europa zu vermarkten, gründete das Unternehmen Eurospike – ein Joint Venture mit zwei großen deutschen Firmen: Rheinmetall (40 Prozent Anteil) und Diehl Defence (ebenfalls 40 Prozent). Die restlichen 20 Prozent hält Ercas B.V., eine in den Niederlanden registrierte und vom Vereinigten Königreich aus tätige Holdinggesellschaft von Rafael.

Laut deutschen Unternehmensregistern ist Eurospike für die Vermarktung und den Vertrieb von Spike-Systemen, insbesondere für europäische Kunden, zuständig und erbringt darüber hinaus Dienstleistungen wie Projektmanagement und grundlegende Systemtechnik. Spike-Raketen werden teilweise in Israel und teilweise in Produktionsstätten der deutschen Partnerunternehmen hergestellt.

Deutschlands Waffenembargo gegen Israel ist kein Verrat, sondern eine moralische Abrechnung

Gideon Levy, Haaretz, 9.8.2025

 


Die Bewaffnung Israels, damit es seinen Plan zur Eroberung des Gazastreifens und zur Durchführung ethnischer Säuberungen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in diesem Gebiet umsetzen kann, ist eine der antisemitischsten und antiisraelischsten Maßnahmen, die man sich vorstellen kann. In dieser Hinsicht ist die Entscheidung der deutschen Regierung, die Waffenlieferungen an Israel einzustellen, ein mutiges Bekenntnis zu moralischen Werten und auch zu echter Freundschaft gegenüber Israel.

Deutschland hat angekündigt, die Ausfuhr von militärischer Ausrüstung, die im Gazastreifen eingesetzt werden könnte, nach Israel einzustellen. Das Deutschland nach dem Holocaust musste diese Entscheidung treffen: hätte es weiterhin Waffen an ein Land geliefert, das Völkermord begeht, hätte dies bewiesen, dass es nichts aus seiner Vergangenheit gelernt hat.

So wie es seit Jahren klar ist, dass Deutschland sich nicht gegen Israel aussprechen kann und dass das Land, das den Holocaust begangen hat, verpflichtet ist, die Sicherheit des aus seiner Asche entstandenen Staates zu gewährleisten, so klar ist auch, dass Deutschland jeden Völkermord bekämpfen und schon gar nicht unterstützen darf, selbst wenn der Täter sein geliebtes Israel ist.


Juni 2025: Demonstranten protestieren vor dem Bundestag in Berlin gegen die Bedingungen in Gaza und fordern Sanktionen gegen Israel und Waffenstopp. Foto Fabrizio Bensch/ REUTERS

Mit der Verhängung eines teilweisen Waffenembargos gegen Israel hat Deutschland bewiesen, dass es an der Spitze Europas steht und den Holocaust und seine Lehren nicht vergisst. Ein Deutschland, das Israel weiterhin mit Waffen beliefert hätte, wäre wie alle derzeitigen Waffenlieferanten Israels zu seinem Komplizen beim Völkermord geworden. Und das darf Deutschland mehr als jedes andere Land der Welt nicht tun.

Alle, die Israel bei der Begehung von Völkermord unterstützen, erklären damit, dass sie den Staat nicht weniger hassen als diejenigen, die über seine Taten empört sind. Israel jetzt zu bewaffnen, zeugt weder von Freundschaft gegenüber dem Staat noch von Sorge um sein Schicksal. Die Lieferung von Waffen an den Angreifer in einem illegitimen Krieg, der längst beendet sein sollte und dessen Ziele inzwischen sinnlos und verbrecherisch sind, bedeutet Mittäterschaft an einem Verbrechen.

Deutschland hat das alte Paradigma auf den Kopf gestellt: dem heutigen Israel darf keine Hilfe gewährt werden, schon gar nicht Waffen. Jedes Flugzeug und jede Granate, jedes Raketenschiff und jede Kanone werden nur noch mehr unschuldige Menschen töten. In dem Moment, in dem der Angriff auf Gaza aufgehört hat, ein Akt der Selbstverteidigung zu sein, ist er unerträglich geworden.

Angesichts der unglaublichen Unterstützung durch die Vereinigten Staaten und der erstaunlichen Ohnmacht der Opposition in Israel gibt es niemanden, der den Krieg stoppen kann. Europa kann dazu beitragen, ihn zu beenden, wenn auch nicht sofort.

Aber über den Wunsch hinaus, den Krieg zu beenden, ist die Lieferung von Waffen an Israel ein Akt der Feindseligkeit gegenüber diesem Land. Wenn nur die US-Amerikaner das verstehen würden. Deutschland hat die Macht, den Kurs zu bestimmen: die Sorge um das Schicksal Israels schließt nicht ein, es zu bewaffnen, um seine wahnsinnigen Pläne in Gaza durchzusetzen.


Zahal-Soldaten im Einsatz in Rafah im Süden Gazas. Foto IDF Spokesperson's Unit

Anstatt alle Demonstranten gegen Israel und gegen den Krieg weiterhin als Antisemiten zu betrachten, als zynische und wirksame Manipulation durch jüdische und israelische Propaganda, sollten wir vielmehr diejenigen als Antisemiten betrachten, die Israel bewaffnen.

Natürlich gibt es auch Manifestationen von Antisemitismus in Kreisen, die Israel ablehnen, aber sie sind nicht das Wesentliche. Die meisten Demonstranten sind Menschen mit Gewissen, die mit Dingen konfrontiert wurden, mit denen Israelis nicht konfrontiert wurden, und sie können nicht schweigen. Was kann man von Weltbürgern erwarten, die Bilder von Hunger und Tod sehen? Werden sie den Tätern zujubeln oder sich gegen sie erheben und sie sogar hassen?

Die Wertschätzung und Sympathie für Israel werden in naher Zukunft nicht zurückkehren. Die Welt wird Gaza so schnell nicht vergessen. Die Tatsache, dass Israel seine Handlungen leugnet und nicht einmal die geringste Verantwortung übernimmt, wird die Welt nur weiter von ihm entfernen.

Die Israelis in Europa können weiterhin die Opferkarte spielen, wenn sie aus Restaurants geworfen werden, aber so verhalten sich Menschen mit Gewissen, denen etwas wichtig ist. Sie sind keine Antisemiten. Sie sind sicherlich besser als diejenigen, die Israel dazu drängen, weiterhin Hunderte von Babys aus der Luft, zu Lande und zu Wasser zu töten und es mit Waffen auszustatten, die für die Abschlachtung dieser Babys geeignet sind.



12/07/2025

LYNA AL TABAL
I stand with Francesca Albanese/Ich stehe hinter Francesca Albanese

Dr. Lyna Al Tabal,Rai Al Youm, 11.7.2025
Arabisches Original
Übersetzt von
 Helga Heidrich, Tlaxcala

Lyna Al Tabal ist Libanesin, Doktorin der Politikwissenschaft, ausgebildete Juristin und Professorin für internationale Beziehungen und Menschenrechte.

 

Ja, ich habe mich dafür entschieden, diesen Artikel auf Englisch zu betiteln. Nicht, weil ich damit angeben möchte oder weil ich mehr an die Globalisierung der Sprache glaube als an ihre Fairness. Sondern weil dieser Satz ohne Erlaubnis zu einer Erklärung globaler Solidarität geworden ist.

I stand with Francesca Albanese. Ich stehe hinter Francesca Albanese.

Ein kurzer Satz, aber voller Bedeutung... nur fünf Wörter. Ruhig gesprochen, aber als gefährlich für die nationale Sicherheit eingestuft... Wieso?

Es gibt eine Italienerin, die derzeit wegen Gaza strafrechtlich verfolgt wird. Sie hat keine Gene des Widerstands, keine familiären Verbindungen zu Gaza, keine Vergangenheit, die von der Nakba geprägt ist, nicht einmal ein Foto. Sie ist keine Araberin, sie wurde nicht in einem Lager geboren, sie ist nicht mit Befreiungsrhetorik aufgewachsen. Sie ist keine linke Träumerin, sie hat vielleicht nie Marx in Cafés gelesen. Sie hat nie einen Stein auf einen israelischen Soldaten geworfen... Sie hat lediglich ihre berufliche Pflicht erfüllt.

„Verrückt“, sagte Trump. Er, der dieses Etikett für sich beansprucht und es wie ein Narzisst verteilt, wenn er vor einer Frau zusammenbricht, die angesichts von Ungerechtigkeit nicht schweigt.

Ihr Name ist Francesca Albanese. Die italienische Juristin und Wissenschaftlerin ist Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für Menschenrechte in den seit 1967 besetzten palästinensischen Gebieten. Als internationale Beamtin sitzt sie hinter einem weißen Schreibtisch und verfasst Berichte in präziser Sprache und unparteiischen juristischen Begriffen. Sie ist keine begnadete Rednerin, aber sie hat ihre Position klar und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht: Was in Gaza geschieht, ist Völkermord.

Sie schrieb es schwarz auf weiß in einem offiziellen Bericht, der im Rahmen ihrer Aufgaben veröffentlicht wurde, in einer Sprache, die nach internationalem Recht verständlich ist: Was Israel in Gaza tut, ist Völkermord.

Über Nacht wurde ihr Name gefährlich und musste vernichtet werden, so wie die israelische Armee Häuser in Rafah vernichtet. Ihr Name wurde durch eine einzige politische Rakete vernichtet, und sie wurde zusammen mit Menschenhändlern und Terrorismusfinanzierern auf die Sanktionsliste gesetzt.

Jetzt weiß ich: In dieser Welt muss man nur nicht lügen, um mit einem Reiseverbot belegt, seine Konten eingefroren und aus dem internationalen System ausgeschlossen zu werden.

Francesca hat nicht gegen das Gesetz verstoßen, sie hat es durchgesetzt. Und das ist ihr eigentliches Vergehen.

Sie hat in ihrer Definition keine Fehler gemacht, sie hat in ihrer Sprache nicht übertrieben, sie hat ihre Befugnisse nicht überschritten. Sie hat lediglich das Verbrechen beim Namen genannt.

Nein, dieser Bericht befasst sich nicht mit dem Völkermord an den amerikanischen Ureinwohnern. Er befasst sich auch nicht mit Vietnam, mit weißem Phosphor, Bagdad oder Tripolis... Dieser Bericht wühlt nicht die Vergangenheit US-Amerikas auf, er befasst sich mit einer unverhüllten Gegenwart. Und mit dem Recht, das verloren geht, wenn wir es einfordern... Dieser Bericht befasst sich mit der internationalen Gerechtigkeit, die vor unseren Augen erstickt wird, und mit der Charta der Menschenrechte, die ebenfalls vor unseren Augen verschwindet. Während die Schuldigen im Sicherheitsrat sitzen.

Dieser Bericht handelt von einer Welt, in der Lügner nicht bestraft werden. Eine Welt, in der man getötet wird, wenn man aufrichtig liebt, wenn man gibt, ohne Gegenleistung zu erwarten, wenn man mutig spricht, wenn man versucht, Schaden wiedergutzumachen.

Dieser Bericht befasst sich ausschließlich mit der dunklen Welt.

Diese Welt, die alle erwürgt, die nicht so sein wollen wie sie.

Francesca war nicht die Erste.

Als das Römische Statut ins Leben gerufen wurde, behandelten die USA den Internationalen Strafgerichtshof als „juristischen Virus“, weil sie ihn nicht kontrollieren konnten... Bill Clinton unterzeichnete es (ohne es zu ratifizieren). Dann kam George W. Bush, zog seine Unterschrift zurück und verabschiedete das sogenannte „Hague Invasion Act“, das eine militärische Invasion der Niederlande genehmigt, sollte der Strafgerichtshof es wagen, auch nur einen einzigen US-amerikanischen Soldaten vor Gericht zu stellen... Barack Obama, der Weise, hob das Gesetz nicht auf... Dann kam Trump, der blonde Cowboy mit zwei Pistolen im Gürtel, der der Gerechtigkeit den Gnadenstoß versetzte... Er bestrafte Fatou Bensouda, die ehemalige Chefanklägerin des Gerichtshofs, weil sie die Verfahren gegen Afghanistan und Palästina eröffnet hatte. Er widerrief ihr Visum, fror ihr Vermögen ein und hängte sie an den Galgen seiner sarkastischen Tweets.

Dann kam Karim Khan, der derzeitige Generalstaatsanwalt, der mit dem schweren Fall Gaza und einer Liste ebenso schwergewichtiger Namen betraut wurde: Netanjahu, Galant... Wieder einmal kehrte das Buschmesser der politischen Rache zurück und bedrohte das Schwert der Gerechtigkeit.

Karim Khan wurde mit Drohungen aus dem Kongress, dem Weißen Haus und Tel Aviv überschüttet.

 An seinem ersten Tag im Weißen Haus unterzeichnete Donald Trump das Gesetz, das Sanktionen gegen den Internationalen Strafgerichtshof verhängt. Ein Mann pakistanischer Herkunft, der es wagt, unantastbare Namen anzurühren? Das Spiel ist vorbei.

So wurde eine internationale Institution mit all ihren Mitarbeitern und ihrer Ausrüstung unter US-Sanktionen gestellt, als wäre sie eine bewaffnete Miliz... Ihren Mitarbeitern wurde verboten, zu reisen, zu arbeiten und sogar frei zu atmen... Wer hat gesagt, dass US-Amerika Gerechtigkeit verhindert? Solange diese nicht in die Nähe von Tel Aviv oder dem Pentagon kommt.

Und in einem Moment der Aufrichtigkeit sagte Joe Biden es in seiner gewundenen Art: Diese Gesetze wurden nicht geschrieben, um für „weiße Männer“ zu gelten, sondern für Afrikaner ... und für Putin, wenn nötig.

Und damit ist das Paradoxon komplett: 85 % der Strafverfolgungen und Verfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof betreffen Afrikaner.

 Und wenn Fälle gegen Westler eröffnet werden, wird Gerechtigkeit zu einer Bedrohung ... und das Gericht zu einem Ziel.

Und jetzt wissen Sie es auch: Wenn Sie die Grenze überschreiten,
es ist das Gericht, das beurteilt wird,
der Richter, der gerichtet wird,
und der Zeuge, der gerichtet wird.

Was bleibt, ist der Mörder ... der in der ersten Reihe sitzt, in die Kameras lächelt und Einladungen zu einer Menschenrechtskonferenz erhält. Warum auch nicht?

Trump hat dem Völkerrecht einen tödlichen Schlag versetzt, dem Internationalen Strafgerichtshof einen Dolchstoß in den Rücken, dann hat er die Überreste des Menschenrechtssystems begraben und uns die Leiche hingeworfen: „Da, begrabt ihn“, sagte er in demselben Tonfall, mit dem während der Massaker an der syrischen Küste Befehle erteilt wurden, als Alawiten unter den Trümmern begraben wurden, ohne Zeugen, ohne Ermittlungen, manchmal ohne Namen, nur mit einer Nummer... Ein Loch, und alles ist vorbei.

Trump hat sich wie ein Cowboy verhalten: Er hat zuerst geschossen und dann erklärt, dass das Ziel eine Bedrohung für die Sicherheit darstelle. All dies vor den Augen der ganzen Welt. Und auch vor unseren Augen ... Vor den Augen Europas, um genau zu sein.

Europa hat diese Gesetze aus den Trümmern seiner Kriege, seinen ungelösten psychologischen Komplexen und seiner Angst vor sich selbst heraus erarbeitet.

Und heute schaut es zu, schweigend... Mit all seinen psychologischen Komplexen schweigt Europa heute. Es begräbt sein rechtmäßiges Kind kaltblütig, so wie die Mütter in Gaza ihre Kinder begraben...

Mit einer einzigen Träne, denn die Zeit lässt kein langes Weinen zu.

Verstehen Sie jetzt? Alle Menschenrechtsgesetze, vom Römischen Statut bis zur Internationalen Charta, eignen sich gut für akademische Seminare und Schulungen, die mit der Verleihung von Diplomen und Fotos glücklicher Experten enden.

Und alles wird in Washington entschieden.

So wird internationale Gerechtigkeit im Zeitalter der Hegemonie ausgeübt: eine Liste von Sanktionen ... und ein roter Teppich für den Henker.

Haben Sie die Geschichte richtig verstanden?

Eine Italienerin auf der US-Liste politischer Terroristen... Ihr Name ist Francesca Albanese. Sie kommt nicht aus Gaza, sie hat keinen Krieg erlebt, sie wurde nicht unter einer Blockade geboren. Sie versteckt keine Waffen oder Bomben in ihrer Tasche, sie gehört keiner geheimen Organisation an... Sie kommt aus der Welt des Rechts, aus Institutionen der Vereinten Nationen, aus einer neutralen Bürokratie... Alles, was sie getan hat, war, einen offiziellen Bericht über die Ereignisse in Gaza zu verfassen...

Sie schrieb, was sie sah: Blut, Trümmer, ein Verbrechen an sich... Sie schrieb, dass das, was dort geschah, keine Sicherheitsoperation und keine Selbstverteidigung war, sondern Völkermord... Sie tat ihre Arbeit in der Sprache der Berichterstattung, ohne Parolen, ohne Kampfrufe, ohne auch nur eine rote halbe Wassermelone an den Rand zu malen... Francesca Albanese erschütterte die Weltordnung, weil sie nicht gelogen hat...

Sie hat nicht gegen diplomatische Regeln verstoßen... Sie hat lediglich das Gesetz angewendet...

 ➤Unterschreiben Sie die Petition

Friedensnobelpreis für Francesca Albanese und die Ärzte von Gaza