Das neue Buch von Harriet Malinowitz, Selling Israel: Zionism, Propaganda, and the Uses of Hasbara [Israel verkaufen: Zionismus, Propaganda und der Einsatz von Hasbara], zeigt auf, wie israelische Propaganda und Öffentlichkeitsarbeit den Zionismus förderten und gleichzeitig die Unterdrückung und Enteignung der Palästinenser verschleierten.
Eleanor J.
Bader, Mondoweiss, 29.11.2025
Übersetzt von Tlaxcala
Im Zentrum des neu erschienenen Buches von Harriet
Malinowitz stehen eine Reihe drängender Fragen. „Wie konnte eine anfänglich
kleine Gruppe osteuropäischer jüdischer Denker und Aktivisten die Juden der
Welt davon überzeugen, dass sie ein einziges ‘Volk’ seien, das einer
gemeinsamen Bedrohung ausgesetzt sei, einen gemeinsamen Weg zur Rettung teile –
und außerdem ein gemeinsames Gebot habe, diesen Weg zu verfolgen?“, fragt sie.
„Wie konnten sie den Rest der Welt davon überzeugen, sie als Nation unter den
Nationen aufzunehmen? Und wie konnten sie allen Beteiligten – einschließlich
sich selbst – einreden, dass ihr Befreiungsprojekt ein wohltätiges, edles und
legitimes Unterfangen sei, das keine Opfer und keinen Kollateralschaden
verursache?“
Die Antworten auf diese Fragen stehen im Mittelpunkt von Selling Israel. Das Buch untersucht sie nicht nur systematisch, sondern geht auch der Frage nach, wie Hasbara – eine weltweit praktizierte, aber vom israelischen Staat initiierte Propaganda- und PR-Strategie – dazu gedient hat, den Zionismus zu stärken, die Wahrnehmung der Unterdrückung der Palästinenser zu mindern und den Mythos zu verbreiten, der 78 Jahre alte Staat sei als „Land ohne Volk“ entstanden.
Das umfassend recherchierte Werk wurde von Publisher’s
Weekly als „eine beeindruckende und sorgfältige Herausforderung etablierter
Narrative“ gelobt.
Kurz nach der Veröffentlichung sprach Malinowitz mit der
Journalistin Eleanor J. Bader über sich selbst, ihre Forschung und ihre
Ergebnisse.
Eleanor J. Bader: Sind Sie mit dem Glauben aufgewachsen,
dass Israel für das Überleben der Juden notwendig sei?
Bader: Wann begannen Sie, dies in Frage zu stellen?
Malinowitz: Es war ein allmählicher Prozess. Ich reiste
1976 zum ersten Mal mit meiner Mutter und meinem Bruder nach Israel, kehrte
1977 zurück und verbrachte mehrere Monate in einem Kibbuz. Ich besuchte das
Land erneut 1982 und 1984.
Als ich acht Jahre alt war, zog meine Tante dorthin. Sie
lebte von 1962 bis 1969 in Israel, und wir schrieben uns regelmäßig Briefe.
Ihre Briefe enthielten viele Schilderungen aus dem Alltag des Kibbuz.
Mein Hebräischlehrer ließ mich ihre Briefe im Unterricht
laut vorlesen und strahlte vor Stolz – bis einer der Briefe damit endete, dass
Israel ein großartiges Land zum Besuchen, aber nicht zum Leben sei. Der Brief
wurde mir sofort aus der Hand gerissen.
Als meine Tante in die USA zurückkehrte, brachte sie
ihren irakisch geborenen Ehemann mit, der zu Recht verbittert darüber war, wie
Mizrahi-Juden in Israel von der aschkenasischen Elite behandelt wurden. Er war
Ökonom und stieß dort beruflich an eine gläserne Decke. Er war froh, das Land
verlassen zu können.
Während meiner Zeit im Kibbuz arbeiteten palästinensische
Männer auf den Feldern in der Nähe der Kibbuz-Mitglieder und der
internationalen Freiwilligen; doch wenn wir für eine Pause in die sogenannte
„Frühstückshütte“ gerufen wurden, sah ich, dass sie einfach weiterarbeiteten.
Ich begegnete auch palästinensischen Händlern im Shuk [Hebr. Fürs arab. Suq],
dem arabischen Markt in der Altstadt Jerusalems, und trank mit ihnen Tee. So
wurde mir klar, dass das, was man mir erzählt hatte – dass alle Menschen in
Israel Juden seien – nicht stimmte. Man erklärte mir, sie seien „israelische
Araber“, allerdings ohne überzeugende Begründung. Das verwirrte mich völlig.
Dennoch war ich überzeugt, dass ich etwas nicht verstanden hatte.
Als ich 1984 in die USA zurückkehrte, engagierte ich mich
in Solidaritätsarbeit für Zentralamerika, was mir ein neues Bewusstsein für
internationale militärische Unterstützungsstrukturen und für die Propaganda
vermittelte, die wir als US-Amerikaner*innen erhielten. Gleichzeitig las ich
Lenni Brenners Buch Zionism in the Age of Dictators (1983), das von der
Zusammenarbeit der Zionisten mit den Nazis berichtete. Das erschütterte mich
tief.
Ich wusste gerade genug, um von der ersten Intifada 1987 begeistert zu sein. Aber während der zweiten Intifada 2002 hatten die Menschen bereits Mobiltelefone, und über das Radio – Democracy Now! – konnte ich in Echtzeit Schüsse in Dschenin hören. Es gab nun Blogs und Mailinglisten, die auf neue Weise Informationen verbreiteten. Doch ich war noch immer naiv genug, um fassungslos zu sein, dass Israel einem UN-Ermittlungsteam den Zugang verweigerte. Das war ein entscheidender Wendepunkt für mich.
Während ich 2004 in Australien war, las ich Ilan Pappés The History of Modern Palestine, um mich auf ein kleines Treffen von Journalistinnen, Akademikerinnen und Aktivistinnen in Sydney vorzubereiten, bei dem Pappé der Ehrengast war. Eine der wichtigsten Erkenntnisse dieses Abends war für mich, dass das entscheidende Jahr für das Verständnis der Situation tatsächlich 1948 ist und nicht 1967. Eine weitere Einsicht war, dass Veränderungen nicht von innerhalb Israels kommen würden, sondern von den Palästinenserinnen und ihren internationalen Verbündeten. Dieses Treffen hatte einen enormen Einfluss auf mich, und als ich in die USA zurückkehrte, vertiefte ich meine Forschung zur Geschichte Palästinas und des Zionismus und verknüpfte sie schließlich mit meiner bereits fortgeschrittenen Arbeit zur Propaganda. Bald wusste ich, dass ich ein Buch über Zionismus und Propaganda schreiben wollte – aber es dauerte zwanzig Jahre, bis ich das Projekt vollenden konnte.
Bader: Die Vorstellung, dass Gott Israel den Juden
versprochen habe, wird kaum infrage gestellt. Warum?
Malinowitz: Ich denke, die Menschen haben Angst davor, die religiösen Überzeugungen anderer anzutasten, insbesondere wenn es um Gott geht. Außerdem glauben viele Menschen tatsächlich an diese Behauptung!
Bader: Sie schreiben, dass Israelis den Holocaust vor den
1960er Jahren selten erwähnten, weil der Verlust von sechs Millionen Juden als
Zeichen der Schwäche galt, als ob sie „wie Schafe zur Schlachtbank“ gegangen
wären. Gleichzeitig erwähnen Sie, dass David Ben-Gurion den Genozid als eine
„nützliche Katastrophe“ betrachtete. Können Sie das erläutern?
Malinowitz: Ich war schockiert darüber, wie stark Holocaustüberlebende in den frühen Jahren des Staates verachtet wurden, als seien sie ein Makel auf der israelischen Männlichkeit, der beseitigt werden müsse. Später allerdings fand ein ideologischer Wandel statt: Das israelische Militär versicherte der Welt, stark, entschlossen und kampfbereit zu sein, doch gleichzeitig konnte der Holocaust angerufen werden, um Israels fortwährende Opferrolle zu betonen und sämtliche Aktionen im Namen der Verhinderung eines neuen Genozids zu rechtfertigen. Ebenso wurde der Holocaust strategisch genutzt, wenn es um internationale Spendensammlungen ging oder darum, Mitleid mit Israel als angeblich bedrängter Nation zu erzeugen.
Bader: Der Zionismus wurde überwiegend von
aschkenasischen Juden propagiert, die die Vorstellung eines einheitlichen
jüdischen Volkes verbreiteten. Wie konnte sich diese Idee durchsetzen?
Malinowitz: Der Zionismus entstand im ausgehenden 19.
Jahrhundert unter jüdischen Gemeinschaften Osteuropas und Mitteleuropas als
Reaktion auf ihre bedrohliche Lage. Es war viel von einem „jüdischen Volk“ die
Rede, doch Juden außerhalb Europas wurden erst viel später wahrgenommen –
nämlich dann, als man sie zur Bevölkerungsverstärkung benötigte. Für mich ist
die Behauptung, Israel repräsentiere alle Juden, ein Trugschluss. Ich zum
Beispiel wurde nie gefragt!
Einige Menschen sprechen im Namen anderer – und nutzen sie letztlich. Der Anspruch einer Gruppe, für alle zu sprechen und ein homogenes jüdisches Volk zu verkörpern, ist Propaganda. Es erinnert mich an den weißen Feminismus der 1970er Jahre, als einige wenige Frauen behaupteten, „für alle Frauen“ zu sprechen. Wer hatte sie gewählt?
Bader: Was ist aus dem sozialistischen Impuls geworden,
der viele Zionisten Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts antrieb?
Malinowitz: Bis 1977, als Menachem Begin gewählt wurde und der Likud zur politischen Kraft aufstieg, wurden die Kibbuzim von Aschkenasen dominiert und erhielten erhebliche staatliche Subventionen der damals regierenden Arbeitspartei. Sie waren in Wirklichkeit nicht selbsttragend. In gewisser Weise war ihr „Sozialismus“ eher ideologisch und lebensstilorientiert als wirtschaftlich fundiert – mehr zionistisch als marxistisch. In den 1980er Jahren mussten die Kibbuzim ihre Struktur ändern, um zu überleben, und sich von der Landwirtschaft zur Industrie wenden: Tourismus, Produktion, Immobilienentwicklung, Technologie. Die utopisch-kollektivistische Stimmung war verschwunden.
Bader: Wie hat die gezielt erzeugte Unsicherheit über
Ereignisse wie die Nakba von 1948 Israels Propagandaapparat genutzt?
Malinowitz: Zweifel kann eine mächtige Waffe sein. Es
gibt ein von der Tabakindustrie entwickeltes Modell, das von Zionisten, Klima-
und Holocaustleugnern, Leugnern des armenischen Genozids und anderen übernommen
wurde. Das Prinzip lautet, dass es konkurrierende Narrative gebe, die
gleichermaßen berücksichtigt werden müssten – anstatt, ihre Glaubwürdigkeit zu
prüfen. Genau deshalb dauerte es so lange, die Öffentlichkeit davon zu
überzeugen, dass Rauchen Krebs verursacht: Die Industrie stellte
wissenschaftliche Erkenntnisse in Frage und präsentierte ihre eigenen
„Forschungen“, sodass die Menschen dachten, das Urteil sei noch nicht gefällt,
und sie könnten weiterrauchen, bis eine eindeutige Gefahr feststehe. Bei der
Leugnung der Nakba funktioniert es genauso. Wenn Zionisten die Palästinenser
1948 nicht wirklich vertrieben haben, tragen sie auch keine Verantwortung für
die Flüchtlinge – nicht wahr?
Bader: Die Idee, dass Israel für das Überleben der Juden
unerlässlich sei, wurde lange als wahr betrachtet. Warum konnten alternative
Konzepte zum Zionismus nicht Fuß fassen?
Malinowitz: Assimilation ist eine Alternative, die viele
gewählt haben, doch sie untergräbt das zionistische Projekt – und sie zu
dämonisieren war daher eine zentrale Aufgabe der Zionisten. Der jüdische Bund
in Europa vertrat die Ansicht, dass man gegen alle Formen der Diskriminierung
kämpfen und die Arbeiterbewegung ebenso unterstützen müsse wie den Kampf gegen
den Antisemitismus. Er lehnte die Gründung eines eigenständigen jüdischen
Staates ab. Das hat für mich immer Sinn ergeben. Migration nach Nordamerika
oder anderswohin wurde ebenfalls als sinnvolle Alternative angesehen. Es gab
kulturelle Zionisten, die glaubten, Palästina könne ein sicherer Zufluchtsort
ohne staatliche Souveränität sein.
Der Bund wurde in den Vereinigten Staaten nie wirklich
bekannt, und seine Grundsätze setzten sich nicht durch, während der Zionismus
an Einfluss gewann. Stattdessen verbreiteten Zionisten die Idee, Israel sei die
einzige Lösung für den Antisemitismus – der einzige Weg, wie Juden sicher sein
könnten.
Bader: Es gibt viele Mythen über Israel – von der
Vorstellung, das Land sei leer gewesen, bis zur Behauptung, die Israelis hätten
„die Wüste zum Blühen gebracht“. Wie konnten sich diese Ideen verbreiten?
Malinowitz: Sowohl „ein Land ohne Volk für ein Volk ohne
Land“ als auch „sie haben die Wüste zum Blühen gebracht“ sind Werbeslogans, um
den Ausdruck des israelischen Exilanten und Antizionisten Moshe Machover zu
verwenden. Doch obwohl es sich um groteske Lügen handelt, hielten sich diese
Formeln hartnäckig. Es ist wie mit der Idee, Kolumbus habe Amerika „entdeckt“ –
man glaubt es, bis man auf Beweise stößt und merkt, wie absurd das ist.
Ich denke zudem, dass Formulierungen wie „die Wüste zum
Blühen bringen“ auch deshalb attraktiv sind, weil sie den Israelis fast
übernatürliche Fähigkeiten verleihen. Sie lassen sie wie Wundertäter erscheinen
und erhöhen sie in der populären Vorstellung. Solange zionistische Anhänger
innerhalb der logischen Blase von Organisationen wie dem Jüdischen
Nationalfonds, dem Jüdischen Weltkongress, Hillel und Birthright
bleiben, erhalten sie eine attraktive Belohnung: ein Gefühl von Gemeinschaft
und Zugehörigkeit.



